Sie haben die Drohung wahr gemacht. Während der ersten Ausgabe der Spark Kunstmesse stand Ende Juni die Frage im Raum, wie denn die Viennacontemporary auf die Situation reagieren würde. Die "Vc" musste in den vergangenen Jahren ordentlich Federn lassen: Die künstlerische Leiterin, Johanna Chromik, verließ 2020 die Messe nach nur zwei Ausgaben; bereits 2019 verabschiedete sich der Geschäftsführer Renger van den Heuvel mit wesentlichen Teammitgliedern und gründete die Spark Art Fair.

Es sah düster aus für Wiens internationale Kunstmesse. Verbliebene Mitarbeiter versicherten jedoch gegenüber Galerien so gebetsmühlenartig wie nebulos, dass "etwas zum vereinbarten Termin stattfinden und man darüber rechtzeitig informieren werde".

Kreative Baustelle

Die Viennacontemporary hat es nun innerhalb von vier Wochen geschafft, eine "neue" Präsentationsplattform zu kreieren. Resümee des Konzepts vorab: Unter gegebenen Umständen wäre es sinnvoller gewesen auszusetzen, wie es die meisten renommierten Kunstmessen praktiziert haben und die Neuausrichtung detaillierter, nachhaltiger und greifbarer auszuformulieren.

Dass das neue Team rund um den künstlerischen Leiter Boris Ondreićka, ein slowakischer Künstler und Kurator, sowie Geschäftsführer Markus Huber, den längerfristigen Mietvertrag mit der Marx-Halle auflösten, war vorauszusehen. Der Konkurrenz auch noch Miete zu zahlen, geht gar nicht. Aber sich in der Baustelle der "Alten Post" zu platzieren? Es verdeutlicht die substanzielle Unausgegorenheit und Malaise des Wiener Kunstmessen-Potpourris, dass sich die Vc als Hauptmesse plötzlich "paralleliger" (versucht "trashiger & cooler") als ihre Satellitenmesse Parallel Vienna präsentiert. Für die gerade einmal 25 eingeladenen Aussteller - 18 Galerien, sieben Einzelpositionen im von Franziska Sophie Wildförster kuratierten Format "Zone 1" - wären andere Räume zu finden gewesen wie MAK und Semperdepot.

Der Teufel steckt im Detail: Es geht aus den Aussagen der Verantwortlichen nicht hervor, wohin sich die Kunstmesse mit Besitzer Dmirty Aksenov orientieren will. Sich als Kooperationspartner der erfolgreichen Schiene "curated by" zu präsentieren, gleicht dem Versuch, etwas vom Scheinwerferlicht des international etablierten Formats abzubekommen. Die Folgen der Pandemie zum Anlass zu nehmen, die Betreibergesellschaft der Vc plötzlich als Non-Profit-Unternehmen zu definieren, das Galerien mit geringeren Standkosten finanziell unter die Arme greift, ist schon eine Chuzpe.

Besonders, wenn Aksenov, er feiert heuer sein Zehn-Jahres-Jubiläum als CEO, betont, dass es von Anfang an klar gewesen sei, mit der Kunstmesse kein Geld verdienen zu können. Eine waghalsige Aussage.

Beim künstlerischen Schnellschuss-Konzept, das sich wie eine Erstsemester-Seminararbeit für einen Kuratoren-Kurs liest, kann einem Quereinsteiger Boris Ondreićka leidtun. Im Zuge der Präsentation gewann man den Eindruck, dass sich im Programm kaum Höhepunkte finden lassen, wie die Weltpremiere der Live-Performance des Komponisten Rupert Huber "Reumannplatz" mit der bulgarischen Percussionistin Maria Petrova im Amalienbad.

Die Messe erreicht, bis auf ein paar Ausnahmen (wie Iraqui, Moskau; Kisterem, Budapest; Green On Red Gallery, Dublin; Wonnerth Dejaco mit Katharina Höglinger bei Zone 1), nicht das künstlerische Niveau vorheriger Ausgaben. Im günstigen Fall gleicht die Viennacontemporary künftig einer kreativen Baustelle, die aktuelle Ausgabe ist jedoch nicht mehr als eine Kunstmessen-Havarie.