Euphorie ist anders. Nach den Eröffnungstagen der renommierten Kunstmesse, die nach einem Jahr an Absagen wieder an ihren Heimatort zurückgekehrt ist, beschreibt ein Wort die Stimmung am besten: schaumgebremst. Auf der einen Seite sind Galeristen und Sammler erfreut darüber, dass die Art Basel stattfinden kann, auf der anderen Seite vermissen Kunstinteressierte die Euphorie, die für die ersten Stunden der Messe charakteristisch war. Unter dem Motto: Wer ergattert einen Bacon, Basquiat, eine Mehretu oder doch einen Picasso? Nun, der Wettlauf nach den exklusivsten Stücken ist vorerst einmal vorbei. Das mag auch daran liegen, dass die Sammler aufgrund der strengen Sicherheits- und Hygienekontrollen nicht mehr im Laufschritt zu den Ausstellern gelangen.

Wie auch immer: Trotz aller Hindernisse wurden von globalen Galerienholdings wie Zwirner, Gagosian, Nahmad oder Hauser & Wirth an den Preview-Tagen zahlreiche Werke aus der Millionen-Euro-Liga verkauft. "Die großen Galerien werden immer verkaufen - das sind die Blue-Chips der Branche", gibt sich eine Galeristin aus Zürich überzeugt. "Die kleineren und mittleren Galerien werden sich diesmal schwertun, weil viele Sammler aus den USA und Asien nicht gekommen sind", prophezeit sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", und ist erleichtert, mit ihrer Galerie nicht stark von diesen Märkten abhängig zu sein.

Pandemisches Tohuwabohu

Dem Nichtkommen von Sammlern aus diesen Regionen sind quasi-diplomatische Geplänkel vorangegangen: Um US-Sammlern Sicherheit zu geben, haben die Organisatoren der Art Basel anfangs nur wenige - meist amerikanische Impfstoffe - als "gültig" anerkannt. Besucher mit anderen Impfmitteln müssten sich vor Ort testen lassen. Als die Messe Schweiz zusätzlich ein in Großbritannien häufig verwendetes Impfpräparat auf den Index setzte, "war Schluss mit lustig und die Drohungen, nicht zu kommen, wurden täglich mehr", berichtet ein Züricher Galerist vom Vorfeld der Messe. Den Protestschrei vernahm auch das Bag (Bundesamt für Gesundheit) und am Sonntagabend vor der Eröffnung wurde in einem Rundschreiben erklärt, dass alle Zertifikate gültig sein werden. Die Besucher würden nur mit einem Bändchen Zutritt nicht nur zu den Messen, sondern auch in die Museen, Restaurants und Bars der Stadt haben.

Das pandemische Tohuwabohu beiseite: Bei den meisten der 270 Galerien aus 33 Ländern herrscht verständlicherweise Sicherheitsdenken vor. Überraschende oder riskante Positionen sind selten zu entdecken. Was der Qualität keinen Abbruch tut. Wie bei der fantastischen Arbeit von Katharina Grosse (Schwarzwälder, 425.000 Euro) oder bei der tollen Assemblage von Aktionisten - Schwarzkogler, Brus, Nitsch - bei Krinzinger. Auch stechen eine überaus intensive Leinwand von Donna Huanca bei Peres Projects (75.000 Euro) und die Malerei von Wilhelm Sasnal bei Foksal (zwischen 40 und 80.000 Euro) ins Auge.

Comeback gelungen

Zu entdecken sind die neue Werkserie von Gabriel Orozco (Chantal Crousel, zwischen 85 und 195.000 Euro), in der sich seine strenge Bildsprache malerisch mit Wasserfarben aufzulösen beginnt,), die stupenden "White Works" von Mladen Stilinovic bei Martin Janda (ab 12.500 Euro), die opulent dichte, neunteilige Malerei-Serie von Andreas Eriksson bei Stephen Friedmann (verkauft für 90.000 Euro) oder die fulminant eigenwilligen, großformatigen Zeichnungen von Nicola Tyson bei Petzel (ab 28.000 Euro).

Das schaumgebremste Comeback scheint gelungen, aber es hat sich vieles in den Monaten des Lockdowns verändert. Die Messe Schweiz, die Muttergesellschaft der Art Basel, hat mit James Murdoch einen neuen, fordernden Großaktionär. Nachdem der gewinnbringende Stern der schwesterlichen Juwelen-Messe Basel World im Sinken begriffen ist, wird der Art Basel sehr viel mehr an Verantwortung übertragen, wieder mit Kunst zur Cash-Cow der Aktiengesellschaft zu werden. Es wird spannend, ob das in absehbarer Zeit zu schaffen sein wird - bevor der Aktionär auf seine Dividende pocht.