Kämpferischen Mut musste die 1936 in Haarlem geborene Margot Pilz schon in ihrer Kindheit aufbringen, als sie im Zweiten Weltkrieg mit ihrer Mutter in ein indonesisches Lager auf Java deportiert wurde. 1945 befreit und 1949 zurück in Holland, bekam sie mit zwölf eine Kamera von ihrem Vater. Eine Tante förderte ihr Fotostudium an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Es war Werbefotografie, die ihr danach die Mitarbeit in einem Werbestudio sicherte, aber auch Modefotografie, mit der sie beruflich startete. Doch der künstlerische Impetus war stärker und wurde 1978 durch den Beitritt zur Internationalen Aktionsgemeinschaft von Künstlerinnen noch befördert. Obwohl sie damals wenig Resonanz auf ihre Arbeit erfuhr, trotz einer Ausstellung in der Galerie im Griechenbeisl, galten ihre Computerskulpturen Insidern in den 1980er Jahren bereits als völlig neuer Ansatz.

Objekte im Museum und im öffentlichen Raum

Einige von diesen Objekten aus Metall, in kühnen Bögen kleine Projektoren mit ihren frühen Videos integrierend, sind nun in der Kunsthalle Krems in der Schau "Selbstauslöserin" versammelt wiederzusehen; andere stehen in Wien im öffentlichen Raum, der für Pilz immer eine besondere Herausforderung darstellte. Ihr bekanntestes Werk ist die 1982 für die Wiener Festwochen veranstaltete partizipative Rauminstallation "Kaorle am Karlsplatz", die erstmals das Erlebnis eines künstlichen Sandstrands mit Palmen und Liegestühlen vor der Wiener Karlskirche und dem Karlsteich, samt Walfisch, möglich machte. Ohne kommerzielle Nutzung wurden Performances abgehalten, die feministische Statements und Umweltproteste integrierten. Pilz hat dies nun in der zentralen Halle in der Kremser Kunsthalle mit Nüchternheit aktualisiert: Die positive Erinnerung an das Werk wird durchkreuzt, denn der Sand besteht aus Mikroplastikmüll.

"Der femianische Mensch" reagiert auf Leonardo da Vinci. - © Margot Pilz / Helmut Prochart
"Der femianische Mensch" reagiert auf Leonardo da Vinci. - © Margot Pilz / Helmut Prochart

In allen Räumen erarbeitete sie mit Kurator Andreas Hoffer einen besondere Mischung, frühe Collagen und konzeptuelle Fotoarbeiten, die sie in einer eigens konstruierten weißen Zelle mit Selbstauslöser erstellte, mit neuen Videos und auch Neon- und Fotoarbeiten zu ergänzen. Heute ist das Alter ein für sie typisch mutig, direkt und schonungslos, aber auch mit Humor gezeigtes Thema ihres künstlerischen Alltags. Nach einem Burnout hatte Pilz ihren Vorlass bereits dem Musa (Wien Museum) gegeben und wollte ihre künstlerische Produktion einstellen, begann aber wieder in der sehr kontemplativen Technik Keramik, einfache abstrakte Kleinskulpturen mit besonderen Glasuren herzustellen, die zentral auf einem Podest zu finden sind. Ihre hohe Ästhetik greift auf die Kühle der "Neuen Geometrie" der 1980er zurück, der Pilz eigentlich formal mit den frühen Videoskulpturen angehörte. Wie der künstliche Strand, waren auch ihre "Sekundenskulpturen" in der seriellen Fotografie Vorwegnahmen von späteren Tendenzen männlicher Kollegen.

Inspirationen und Reaktionen auf die großen Namen

Ihre frühen Vorbilder in der internationalen feministischen Avantgarde ergänzte sie mit dem Begriff der "sozialen Plastik" von Joseph Beuys und folgte den Experimenten von Körperthemen, was ihr im letzten Jahrzehnt große Erfolge einbrachte. Landespreise sowie Beiträge zu wichtigen Gruppenausstellungen der Museen haben auch auf jüngere Künstlerinnen gewirkt, von denen sie im Teamwork allerdings ernüchternde Reaktionen auf ihre engagierten soziokulturellen Fragen erfahren musste. Mit "Göttin schuf Eva" reagiert Pilz 2021 auf keinen Geringeren als auf Michelangelo, mit "Der feminanische Mensch" sogar auf Leonardo da Vincis Idealmann im Quadrat, denn weder Kirche noch Staat gehen ihr bis heute weit genug in der Gleichstellung der Geschlechter - dabei ist ihr schwerlich zu widersprechen.

Berührend und doch zum Schmunzeln ist die Pietà-Serie mit ihrem Lebensgefährten von 2018; ein wenig an die Farben-Fülle der Videos Pipilotti Rists erinnert "Celebration" von 2011/12, ein Film in Kooperation mit Victoria Coeln.