Es kann nicht jeder Margaret Tyler sein. Allein schon aus Platzgründen. Die Sammlung des Hardcore-Royal-Fans in Nord-London besteht aus 10.000 Stück einschlägiger Memorabilia. Jedes Mitglied der britischen Königsfamilie hat einen eigenen Raum voller personenbezogener Häferl, Deckchen, Pölster, Bilder, etc. Nur die Königin nicht. Die hat zwei Zimmer. Man muss ja auch irgendwohin mit den lebensgroßen Pappaufstellern. Vor der Haustür steht schon ein Plastik-Corgi - er hat, wie sein königliches Frauli, schon einiges mitgemacht. Aber man sieht die Superkleberstelle eh kaum.
Sammler wie Margaret Tyler kommen derzeit wieder auf ihre Kosten. Denn ein platinernes Thronjubiläum, wie es Queen Elizabeth II. am 6. Februar feiert, will auch mit einer adäquaten Auswahl an Tand begangen werden. Das Konterfei der Jubilarin ist aber längst nicht mehr nur auf Touristenkitsch und Royal-Nippes beschränkt. Aber so unterschiedlich, wie die Artikel sind, sind auch die Beziehungen, die die Konsumenten zur Königin haben. Ein Versuch der Typologie in sieben Akten, einer für jedes Jahrzehnt Regentschaft.
Seriöse Klatschmagazin-Beobachter
Gut, die wenigsten lassen ihre Sammelleidenschaft so eskalieren wie Margaret Tyler, aber es muss auch Kundschaft (oder frühere Besitzer) geben für all die antiken Erinnerungsstücke auf eBay und ähnlichen Plattformen. Wo es patinierte Schreibgeräte mit Krönungswappen, vergilbte Keksdosen mit jugendlichem Herrscherinnengesicht oder kurios geformte Münzen aus Messing aus dem Krönungsjahr 1953, die mit 1.200 Euro veranschlagt werden, gibt.
Wer einen Silberlöffel mit Thronbesteigungs-Datumprägung sein Eigen nennt, der kennt Queen Elizabeth II. nicht erst aus der Netflix-Serie "The Crown". Der kennt sie aus der "Gala". Und das seit vielen Jahren. Womöglich kennt er sie sogar aus der "Aktuellen", da bekommt man noch eine engere emotionale Bindung. Schließlich wird hier jeder denkbare Schicksalsschlag ungeachtet der öden Tatsachen ausgiebig durchlebt. Auf den Covers solcher Klatschmagazine hat die Queen Prinz Philipp schon unzählige Male zu Grabe getragen - lang bevor sie es im Vorjahr wirklich tun musste.
Lady Di forever
Womit man den Boulevard-geeichten Queen-Beobachtern sicher nicht kommen darf, ist Prinz Harry, dieser Lümmel von Königsenkel und seine mediengeile AMERIKANISCHE Gattin. Also, nicht falsch verstehen - so würden sie zumindest die beiden vom wahren Royaltum Abgefallenen nennen. Merchandise mit dem Konterfei der beiden steht schon längst am Dachboden oder wurde am Flohmarkt verscherbelt.
Es gibt aber freilich auch das Gegenteil. Menschen, die ihren Zierteller, auf dem Diana Charles anlässlich ihrer bevorstehenden schicksalhaften Hochzeit anschmachtet, in Ehren halten. Und nur den. Denn wie die Queen und die royale Familie mit der scheuen unverstandenen Prinzessin einst umgesprungen ist, das werden sie niemals verzeihen. Und schon gar nicht, wie sich derzeit die Geschichte wiederholt mit Mobbingopfer Meghan und dem plötzlich ohne Geld im Luxusanwesen dastehenden Harry. Niemals vergessen!
Originalwappen und Pipapo
Scherz beiseite. Großbritannien amüsiert sich derzeit über einen Lapsus: Ein Schreibe-wie-mans-spricht-Alphabet hat einer Tranche von Jubiläums-Geschirr einen goldigen Fehldruck beschert: Statt "Jubilee" steht da nämlich "Jubbly" drauf.
Aber das ist immerhin nichts Unanständiges. Souvenir-Puristen kommt solch ein Schund ohnehin nicht ins Haus. Für sie gibt es die originale Royal Collection mit goldenem Zierrat, original Wappen und dem ganzen Pipapo. Also Luxus-Souvenirs, wie man sie etwa im Shop des Buckingham Palace erwirbt. Sammler dieser Objekte sind zum einen erstklassig organisiert - das limitierte Sektschalenset war nur wenige Minuten, nachdem es online gestellt wurde, bereits wieder ausverkauft.
Zum anderen sind sie keineswegs nur ergebene Anhänger der Monarchin. Sie sind halt interessiert an einer soliden Wertanlage - etwas, das sie mit Elizabeth II. durchaus verbindet. Dank potenteren Investitionen als saisonalem Kristall soll die Queen insgesamt ein Privat-Vermögen von 420 Millionen Euro besitzen. Aber keine Sorge, mit den Desinfektionssprays mit Jubilee-Logo (gibts wirklich) bereichert sie sich nicht, alles Charity.
Winke winke
Gar keinen Cent wiederum sieht die Queen von den Erlösen des wahrscheinlich meistverbreiteten Queen-Souvenirs überhaupt. Die solarbetriebene Winkekönigin ist ein beliebtes Geschenk für jeden, der einmal auch nur ansatzweise Interesse an England gezeigt hat oder einfach eine Fensterbank hat. Benötigtes Palast-Vorwissen: null. Wackelt auch bei eingefleischten Republikanern.
Die Winke-Queen ist so demokratisch, die winkt auch denen zu, die sich ihr ganz eigenes Queen-Bild gebastelt haben. Beziehungsweise sich eins haben basteln lassen. Zum Beispiel von Sue Townsend, Vorreiterin der royalen Satire mit "Die Queen und ich". In dem Roman von 1992 wird die Königin aus dem Palast geworfen und muss wie eine Bürgerliche mit kleiner Pension auskommen. Die ganze Familie zieht in Sozialwohnungen, nach anfänglichem Schock erweist sich Elizabeth Windsor als patente Nachbarschaftsgröße.
Dass die echte Queen das mit der Solidarität auch außerhalb der Buchdeckeln mitunter besser versteht als die gewählten Volksvertreter in Großbritannien, das hat die jüngste Partyaffäre gezeigt: Während sie sich beim Begräbnis ihres Mannes wie der Rest der Insel an alle Corona-Beschränkungen gehalten hat, wurde in Downing Street zu Abba getanzt. Ein gefundenes Fressen für eine andere Satire-Queen, die auf Twitter seit auch schon wieder 12 Jahren im fiktiven Gin-Tonic-Dunst Tacheles mit dem minderbemittelten politischen Personal ihrer Gnaden redet.
Befreiende Unflätigkeiten, die unwillkürlich auch die reale Monarchin seither für manche deutlich entspannter wirken lassen.
Kaugummi-Queen
Dass die Queen ein bisschen frecher wäre, das ist offenbar so manchem ein Bedürfnis. Das sieht man nicht zuletzt an Posterkunst der vergangenen Jahre, die Domäne der ironisch-distanzierten Queen-Fans. Da gibt es ein Poster, das die Königin in bekannter Briefmarkenpose zeigt, aber ihr Hals ist übersät mit kessen Tattoos. Auf einem anderen Motiv ist die bereits im höheren Alter befindliche Queen mit einer pompöseren Krone zu sehen, der Blick ist seriös, aber die Kaugummiblase in ihrem Gesicht eher weniger.
Es gibt eine "Dancing Queen", bei der der Künstler der leichtfüßig trippelnden Elizabeth II. ein Tütü über dem charakteristischen rosa Kostüm verpasst hat. Nicht zu vergessen die fröhliche Hipsterqueen mit dem Blumenkranz.
Auffallend ist, dass die meisten dieser eigenwilligen Hommagen die Queen so zeigen, wie man sie aktuell kennt. Und das ist, ohne unhöflich sein zu wollen, alt. Aber wenn man einmal mit 95 Jahren noch regiert, kennen einen ein paar Generationen schon als Nicht-mehr-ganz-17-Jährige. Die sind nicht nur weit weg von Sex-pistoliger Anarchie, die mögen es, wenn das Klischee des drögen Alters aufgebrochen wird. Und wer könnte das besser als jemand, der wirklich im hohen Alter noch arbeitet. Tatsächlich hat die Queen, je älter sie wird, desto häufiger öffentlich Humor bewiesen. Unvergessen ihr Auftritt mit James Bond Daniel Craig bei der Olympia-Eröffnung 2012 (da war sie übrigens auch schon 85).
Süßer Hintern
In dem Sketch sind sie auch mitgestolpert, die eigentlich so gar nicht majestätischen Haustiere der Queen: ihre Corgis. Die Hunde sind eine glückliche Ausflucht für jene, die ihre Beziehung zur Queen eher auf einer emotional-flauschigen Ebene sehen. Also eigentlich auf die Frau am anderen Ende der Leine verzichten können.
Wer der Queen wirklich mal einen Dankesbrief schreiben könnte, sind Produzenten von Corgi-Ware aller Art weltweit. Von der Corgi-Socke über die Corgi-Skupltur mit Krone über das Gemälde vom Corgi in Uniform über den Verlobungsring mit corgiförmiger Edelsteinhalterung über den Porzellancorgi aus der Edelmanufaktur bis zu jeglichen Fabrikaten, die sich auf die Wobbligkeit von Corgipöpschen beziehen - da kann man sich auch margaret-tyler-mäßig ein ganzes Haus damit füllen. Achtung aber: Die Queen selbst hat kürzlich gemacht, was echte Influencer nun einmal so tun: Sie hat sich dem Hype entzogen und sich einen Cocker Spaniel zugelegt.