Nach der Restaurierung und technischen Aufrüstung des Unteren Belvedere ist die erste Schau ein Besinnen auf den eigenen Bestand - bereichert um die Gemälde des 19. Jahrhunderts aus der Stallburg und kaiserlichem Besitz erweist sich ein Thema als besonders reichhaltig: die Träume und Mythen rund um die Lagunenstadt Venedig, die nach den napoleonischen Kriegen ihre fast zweitausendjährige Souveränität als Adelsrepublik verlor, zum Habsburgerreich kam, bis die Franzosen es den Italienern nach den Befreiungskriegen zusprachen. Seit der Plünderung durch die Franzosen 1797, der Abschaffung der Zünfte und Klöster, ging es sozial steil bergab, die größte Handelsstadt Europas verlor an Bewohnern; Armut und Verbrechen griff um sich, trotzdem löste der dekadente Charme der sterbenden Stadt gerade bei den Romantikern rückwärtsgewandte Sehnsuchtsgefühle aus, die bis zu Thomas Manns literarischer Beschwörung des Todes am Lido anhielt, und die bildende Kunst, Musik sowie den Film beflügelten.
Franz Smola hat als Kurator aus dem dunklen Mythos, schon beschworen von George Gordon Lord Byron, der die Venezianer nicht leiden konnte, vom dort verstorbenen Richard Wagner, aber auch noch immer mit Pathos von Max Reinhardt im Film "Eine venezianische Nacht" 1913, eine besondere Tugend gemacht: zu den vielen Gemälden - auch zahlreichen Nachtstücken - aus dem Depot, integrierte er im schmalen Katalog internationale Forschung in Sachen Literatur, Feminismus, Film, aber auch auf den heute digital verwalteten Gebieten Kartographie, Stadtarchive und Fotografie. Ein Filmprogramm ergänzt zudem ab 20. März im Blickle-Kino, in der Schau sind Film-Ausschnitte zu finden, vom Sisi-Kitsch Ernst Marischkas bis zu Luchino Viscontis "Sehnsucht"; sein berühmter "Tod in Venedig" darf nur am 24. März in Gänze und nicht in Ausschnitten gezeigt werden.

Einsam in der Lagune
Am Beginn stehen die literarischen Gemälde-Schinken von der Gründungslegende, über Dogen und Heilige bis zu den Veduten, die natürlich in Kommerz und auch in der frühen Fotografie für die Tourismusindustrie landen. Dazu ist Hans Makarts Monumentalformat "Venedig huldigt Catarina Cornaro" (1872/1873) wieder einmal aufwendig aufgespannt worden und trifft nun auf Anton Romakos kleines Bild eines Tauben fütternden Mädchens mit dem Markusplatz im Hintergrund, aber auch auf sozialkritische Studien von August von Pettenkofen, der Straßenverkäufer und Bettlerinnen zum Thema machte, was im Realismus des späten 19. Jahrhundert zum internationalen Thema bis Amerika wurde. Romako ist natürlich auch mit einer Maskenballskizze oder "Tegetthoff in der Seeschlacht bei Lissa" vertreten, dazu kommt der "Orientmaler" Leopold Carl Müller, der aber auch wunderbar einsame Blicke auf die Lagune mit Gondeln gemalt hat.

Besondere Entdeckungen sind die kleinen Ölbilder der in Böhmen geborenen Antonietta Brandeis oder Cecil von Haanens, Carl Schuchs venezianisches Atelierinterieur oder August Theodor Schöffts nächtliche Vedute mit dem Palazzo Grassi. Brandeis war Schülerin von Michelangelo Grigoletti und mit ihren Veduten sehr erfolgreich. Auch das barocke Seestück verbindet sich weiter mit dem Hafen Venedigs und dabei ist Josef Carl Püttner zu nennen, aber auch ein Werk aus Privatbesitz vom frühen Joseph Mallord William Turner. Jakob und Rudolf von Alt bereisten Venedig malend wie alle Orte der Monarchie, sogar Friedrich von Amerling lässt vom Dogenpalast aus, ein altes Segelschiff vorfahren. Die gesellschaftlichen Ereignisse hat neben Müller und Romako auch Francesco Hayez im Großformat "Die Rache wird beschlossen" in feinster Salonmalerei festgehalten, dieser Star seiner Zeit in Italien kam durch Leihgabe aus der Liechtenstein-Sammlung. Selbst für die, deren Liebe zu Venedig gering ausfällt und die nur immer in den Giardini die Biennale besuchen, ist hier doch einiges an Bestätigung für romantische Untergangsszenarien und kritischen weiblichen Stimmen zu finden, sofern man auch den ergänzenden Katalog mit zur Hand nimmt.
