Nach zehn Jahren ist die international anerkannte österreichische Pionierin der Avantgarde nach 1945 mit einer umfassenden Schau endlich wieder in Wien zusehen: Kiki Kogelnik (1935-1997). In Kooperation mit dem Kunstmuseum Brandt in Odense, Dänemark, und dem Kunstmuseum Bern schafft das Kunstforum mit vielen Exponaten, von denen die meisten aus der Kiki Kogelnik Foundation stammen, einen Einblick in ihren unfassbar gegenwärtig erscheinenden Kosmos.

In großen Zügen chronologisch geordnet, von ihren Ausstellungen in der Galerie nächst St. Stephan über den Sprung nach Paris 1958 und New York auf Anregung des abstrakten Expressionisten Sam Francis 1962, ihre eigenwillige Aufnahme der Pop Art wie der Aufbruchsstimmung durch die Raumfahrt, neuer Wissenschaft, feministischer Tendenzen (Women’s Liberation) bis zur Wende in die Postmoderne, kann dieses spannende Leben und Schaffen genussvoll nachvollzogen werden.

"Moonhappening"
und Schattenbild

Kiki Kogelnik studierte Bildhauerei bei Hans Knesl an der damaligen Hochschule (heute Universität) für Angewandte Kunst und Malerei bei Albert Paris Gütersloh an der Akademie der bildenden Künste. Sie nahm auch an den aktionistischen Auftritten der "Wiener Gruppe" um 1960 teil. Danach schloss sie sich der neuen Abstraktion um die renommierte Galerie nächst St. Stephan von Domprediger Otto Mauer an. Mit Arnulf Rainer, Hans Hollein, Maria Lassnig oder Helga Philipp verband sie eine ausschließlich neuen Tendenzen folgende Haltung, die von konstruktiv-konkret in eine informelle Richtung wechselte.

Kiki Kogelnik: Superserpent (1974) 
- © Kiki Kogelnik Foundation

Kiki Kogelnik: Superserpent (1974)

- © Kiki Kogelnik Foundation

Ihre Ausstellung in der Galerie 1961 hängt bis auf wenige Beispiele neben Archivmaterial im ersten Raum, es folgten weitere, auch das "Moonhappening". In der Eingangshalle empfängt sie mit ihrem berühmten Schattenbild als Malerin 1975. Ein Protest mit tropfendem Pinsel, breiter Stellung der Beine, farbbeklecksend gegen die Unsichtbarkeit der Frauen in der damaligen Kunstszene. Dazu hängen spätere Bilder, ihre fantastischen Zeichnungen und ungewöhnlichen plastischen Statements.

Wien wurde zu eng für die Begleiterin von Hollein auf Reisen durch Europa. Sie verließ den St. Stephan-Kreis, um dem abstrakten Expressionisten Sam Francis nach New York zu folgen. Begeistert von neuen Technologien und dem Alltag in dieser Stadt, wandte sich Kogelnik im Umkreis von Robert Rauschenberg oder Andy Warhol, deren Bilder bis heute in ihren Ateliers hängen, einer eigenen Variante der Pop-Art zu, von ihr "Space-art" genannt. Ihre weiblichen "Robots" fliegen denn auch ins Universum.

Kiki Kogelnik: Robots (1966-67). 
- © Kiki Kogelnik Foundation

Kiki Kogelnik: Robots (1966-67).

- © Kiki Kogelnik Foundation

Viele Hauptwerke im großen Raum des Kunstforums werden ergänzt von herausragenden Zeichnungen, aber auch ersten weichen Folienskulpturen, "Hangings" genannt. Kiki Kogelnik lebte nun zwischen Europa und den USA. In ihrer Kunst bediente sie sich vieler Medien und neuer Materialien. Neben ihre Faszination für die Mondfahrt, die Medien- und Werbewelt protestierte sie mit bunt bemalten Bombenhüllen der US-Armee gegen die Kriege ihrer Tage.

Ironische Frauenklischees auf dem Weg zur Postmoderne

Die Freundschaft zu Carolee Schneemann wird sichtbar in tragbaren Cut-Out-Skulpturen aus Schaumstoff und Vinyl, sie zeigen ihre Reaktionen auf die erste Phase des Feminismus.

Mit Ironie betrachtete Kogelnik Frauenklischees in Werbung und Modewelt bis in die 1980er Jahre und erweiterte ihr Werk in aktionistischen Filmen. Neben der Schärfe gesellschaftspolitischer Statements formulierte sie lange vor Jeff Koons mit dem von Hermann Broch übernommenen schönheits-skeptischem Statement: "The godess of beauty in art is the godess of Kitsch" subversiv eine postmoderne Haltung, und das lange, bevor diese Ästhetik in der Kunst des Westens Anerkennung fand. Als Pionierin von den Astronautinnen bis zu den seriellen Konzepten, die sie teils mit "alten" Techniken wie Glas und Keramik formulierte, bleibt Kogelnik ihrem extravaganten Stil in Kunst und Leben treu.

Kiki Kogelnik: I Lost My Chewing Gum (1960). 
- © Kiki Kogelnik Foundation

Kiki Kogelnik: I Lost My Chewing Gum (1960).

- © Kiki Kogelnik Foundation

Kuratorin Lisa Ortner-Kreil hat in den verschiedenen Phasen eine fulminante Auswahl getroffen. Es fehlt weder das politische Schlüsselwerk "Heavy Clouds Over the Cuba Crisis" noch die schönsten "Hangings", aber auch von den so bekannten Glasköpfen, die Kogelnik in Murano in den 1990er Jahren herstellen ließ, sticht der "Devil" hervor. "I Have seen the Future" sagt eines der kritischen Modebilder, das hat die Künstlerin als eine der wenigen tatsächlich geschafft, auch mit Präsident Nixon als "Cut-up", oder ihrem Mann George, einem Radiologen, als Torso - der amerikanische Traum hatte jedoch auch seine Tücken des Alltags.

Kiki Kogelnik in New York im Jahr 1965 bei der Arbeit an einer ihrer Bomben-Skulpturen, mit denen sie gegen Kriege Stellung bezog. 
- © Kiki Kogelnik Foundation

Kiki Kogelnik in New York im Jahr 1965 bei der Arbeit an einer ihrer Bomben-Skulpturen, mit denen sie gegen Kriege Stellung bezog.

- © Kiki Kogelnik Foundation

Ihren Sohn Mono, heute Konzeptkünstler, beteiligte sie früh an ihren Filmexperimenten. Die Grafik "Womans Lib" zeigt sie als Frau mit einer Riesenschere im Regenmantel, doch lässt auch manches Selbstbildnis ihre großen Zweifel und Kämpfe spüren, auch ihre Krebserkrankung wird thematisiert. Ihrem ironischen Blick auf den Tod, mit dem sie jahrelang kämpfte, ist der letzte Raum gewidmet.