Der gebürtige Venezianer Emilio Vedova (1919-2006) konnte zeit seines Lebens den Untergang der Lagunenstadt mitverfolgen. Die Galerie Ropac präsentiert derzeit einen Werkzyklus des Künstlers, der bisher noch nie öffentlich gezeigt wurde. Und der Titel der Ausstellung "Venezia muore" ("Venedig stirbt") verdeutlicht die schmerzhafte Auseinandersetzung Vedovas mit dem Untergang seiner Heimatstadt. Im Mittelpunkt der Präsentation steht ein Pentaptychon aus dem Jahr 1992. Die massiven, jeweils 260 mal 130 Zentimeter großen Einzelteile - es werden in der Show auch nur drei der fünf Teile gezeigt - aus Acryl- und Nitrofarbe auf Leinwand vermitteln aus der Distanz den Eindruck einer verwüsteten bis zerstörten (Stadt-)Landschaft. Bei näherer Betrachtung der dunkelgrauen bis schwarzen Arbeiten zeigen sich fast gespenstische Effekte, die dadurch generiert wurden, da sich Acryl- und Nitrofarben einander abweisen. Damit vertieft sich der Eindruck des Untergangs und Zerfalls nachhaltig.
Emilio Vedova, der Autodidakt, gilt als einer der einflussreichsten Künstler Italiens der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und engagierte sich abseits seines künstlerischen Schaffens immer (gesellschafts-)politisch. Seine rohe, vehemente abstrakte Malerei mit den ausdruckstarken Pinselstrichen war für ihn auch unmittelbare, persönliche Reaktion auf politische, gesellschaftliche und künstlerische Tendenzen. Aber auch Arbeiten mit skulpturalen Elementen lassen sich im Oeuvre - und in der aktuellen Ausstellung - des Italieners finden: Im Werk, das sich ebenso "Venezia muore" betitelt, verwendete er neben Acryl- und Nitrofarbe Seile und Holzplanken, die gedanklich das Bild eines Schiffswracks entstehen lassen.

Emilio Vedovas "Venezia muore" in Salzburg Villa Kast.
- © Ulrich GhezziDer österreichische Sammler und Unternehmer Jenö Eisenberger war in den 1960er Jahren einmal schwer enttäuscht (bevor er seine Sammlerleidenschaft entdeckte), weil er seiner Frau ein Werk aus dem Moma in New York, das sie ungemein schätzte, nicht kaufen konnte, weil es eben in einem Museum hing. Die meisten Ausstellungen der Galerie Ropac beweisen in der Konzeption und welche Werkserien präsentiert werden absolute Museumsqualität und haben aber auch ein Preisschild. Bei Emilio Vedovas imposanter, ergreifender Show "Venezia muore" liegen die Preise zwischen 100.000 bis 700.000 Euro.
Tanzende Farbpigmente
Der britische Künstler Oliver Beer, 1985 geboren, benötigt keinen Pinsel für seine Leinwände. Beer, der Komposition, Kunst an der Ruskin School of Art in Oxford und Filmtheorie an der Sorbonne in Paris studiert hat, lässt Töne, Sounds oder ganze Lieder die malerische Arbeit erledigen. Durch lange, intensive Experimente gelingt es ihm, die Klänge so einzusetzen, dass flächige, meist abstrakte Werke entstehen. Für seine jüngste Serie, die bei Ropac zu sehen ist, "Resonance Paintings - Blue Notes" hat er unter den horizontal liegenden Leinwänden einen Lautsprecher platziert und die Leinwände mit Pigmentstaub bestreut. Die Harmonien erzeugen wellenförmige, geometrische Muster in Blau und Weiß. Die angewandte Kunst Beers besteht darin, dass er aufgrund seiner Forschung und Erfahrung bereits im Voraus bestimmen kann, wie das Bild aussehen wird - ausgedehnte Flächen oder kleinteilige Kringel. Er kann Töne derart gezielt einsetzen, dass selbst figurative Momente entstehen. Wie anhand des Bildes "Resonance Painting (Venus as a Boy)" zu erkennen ist. Mit seinen multidisziplinären Arbeiten hat Beer bei Ausstellungen im Metropolitan Museum und im Moma für Aufsehen gesorgt. Wie nachhaltig, wie beständig in der Rezeption seine malerischen Kompositionen tatsächlich sind, wird sich wohl erst zeigen (Preise bis 50.000 Euro).
Appetitlich
Der Kurator Seamus Kealy hat einmal in einem Essay die Arbeiten des Salzburger Künstlers Jonas Geise als appetitlich bezeichnet. Deswegen hat der Künstler für seine Einzelausstellung "Superposition" in der Galerie Sophia Vonier ein irreführendes Sujet für die Einladungskarte verwendet: zwei Toastbrote mit Peanutbutter und Erdbeermarmelade. Sicherlich köstlich, aber die Malerei des 1980 in Salzburg geborenen und ebenda lebenden Künstlers vermittelt ein anderes Bild. Hier geht es um einen (Ausdrucks-)
Kampf zwischen mehreren Ebenen des Farbauftrags. Seine Kompositionen beginnen mit dick aufgetragenen formalen, architektonischen wie geometrisch pastosen Pinselstrichen. In einem zweiten Arbeitsprozess wird das Strukturierte von einem freien, assoziativen Farbauftrag gebrochen und übermalt. Aber nicht gänzlich - ein paar deutlich erkennbare Strukturen des Untergrunds lässt der Künstler, der an der Kunstuniversität in Linz studiert hat, zurück. Ein Moment, der bei den Betrachtern für Irritationen zu sorgen vermag. Brüche, die den Werken eine ganz originäre Textur verleihen. Auch mit einer gewissen koketten Ironie des Künstlers. Womit wir wieder beim Sujet der Einladungskarte wären. Der Preis der mittelformatigen Arbeiten liegt bei 4.750 Euro. Sehenswert!