Eigentlich ist Angela Glajcar eine in klassischen bildhauerischen Materialien an der Nürnberger Akademie bei Tim Scott ausgebildete Mainzer Künstlerin. Doch beim Modellbauen ihrer geplanten Skulpturen im Raum (noch aus Metall) entdeckte sie das Material Papier in all seine ungeahnten Qualitäten - und das nicht als zweidimensionale Blätter im Skizzenblock, sondern in seiner Staffelbarkeit im Raum und fast Schwerelosigkeit in der Wirkung. Durch händisches Einreißen der Ränder bekommen die Papierbögen eine plastische Qualität, die durch das parallel Hängen auf Metallstangen endlos ausgeweitet werden kann.

Papier kommt zudem ihrer abstrakten Auffassung von räumlicher Skulptur entgegen, die stark mit dem vorhandenen Licht in Interaktion tritt. Durch diese Materialentscheidung füllt Glajcar eine Nische im großen Kunstfeld, die sie bereits nach Korea, China, in die USA und nach London brachte. "Traumfänger" ist ihre erste Museumsschau hier in Österreich.

Ungeahnte Durchblicke

Übliche fensterlose Museums-Räume sind nicht ideal für ihre Installationen, zuweilen arbeitet sie lieber im Außenraum oder in speziellen Architekturen wie im Erdgeschoß der Landesgalerie mit den beiden Fensterbögen. Für sie ist hier auch die Einsicht von außen eine weitere gute Bedingung. Kombiniert werden Glasgewebe zu den eher statisch erscheinenden Papierbögen auf Metallstangen, die allerdings in sich schlängelnder Form bewegt wirken und auch durch die Aushöhlungen nach innen ungeahnte Durchblicke anbieten. Die Glasgewebe werden wie große Stoffbahnen eingehängt. Beides in der Nichtfarbe Weiß verstärkt den zarten Eindruck, den die beiden Materialien an sich suggerieren. Glajcar sieht Papier allerdings als ziemlich stabiles, zähes, gut transportables und vor Ort gut mit dem Einreißen veränderbares Material, das mit seiner speziellen Ästhetik Räume nur akzentuiert. Das ist freilich etwas zu viel Understatement für die stark verändernde Wirkung, die sie vornimmt mit den zwei Glasgeweben und vier ineinander verlaufenden Staffelungen von Papierbögen.

Je nach Tageszeit und Wetter werden die Kontraste stärker, die Schattenfarben in dieser Installation verändern sich ständig, und die Spannung zwischen den beiden Materialien tut ein Übriges. Die Künstlerin führte mit Kuratorin Gerda Ridler durch den Raum, denn ein Verharren an einem Platz ist nicht erwünscht, die Installation am besten im Gehen erfassbar durch ständige wechselnde Ansichten. Dafür haben Künstlerin und Kuratorin bunte Sitzsäcke mit eingeplant, denn im Liegen lässt sich die meist an der Decke montierte Papierinstallation besser erfassen. Bei der Glasfaser zieht Glajcar mit einer Pinzette Fäden, das Gewebe wird dadurch fragiler, durchsichtiger und faltet sich mit nur einer Richtung der Fäden mehr zusammen.

240 Kilo Papier

Der Titel "Traumfänger" für dieses den schweren Massen von Skulptur entgegengesetzte Konzept ist für die Künstlerin ein aus zwei Bedeutungen poetisch zusammengewürfeltes Wort - auch hier will sie Eindeutigkeiten vermeiden. Das Papier hat Glajcar aus der Region bezogen, denn das gehört auch zu ihrer Vorgangsweise, die Salzer GmbH aus St. Pölten stellte doppeltes Buchdruckpapier zur Verfügung. Es waren vier Wochen Arbeit vor Ort mit 900 Blatt Papier, das zusammen aber nur 240 Kilogramm wiegt und wie Puzzle-Elemente von ihr zusammengesteckt und mit Silberfäden verbunden wird. Die Metallgestänge hängen dann wie Mobiles auf einer eigens konstruierten Holzrahmenkonstruktion an der Decke.

Die im Atelier vorkonzipierte Intervention lässt an den Risskanten an Höhenlinien auf Karten denken, aber mit dem Titel verfängt sich doch jeder Besucher in seinen eigenen Assoziationsketten, diese Selbstbespiegelungen sind für Glajcar jedenfalls erwünschte Zustände, die zu einem längeren Verweilen anregen könnten.