Das Ars Electronica Festival kehrt 2023 an seine frühere Location Postcity, das ehemalige Postverteilzentrum am Linzer Hauptbahnhof, zurück. Thematisch widmet man sich heuer dem Thema Wahrheit: "Who owns the truth?" lautet der Titel des Festivals von 6. bis 10. September. Großen Raum sollen dabei die Fragen des Umgangs mit Künstlicher Intelligenz, vor allem mit dem auf KI basierenden Chatbot ChatGPT einnehmen.
Die Postcity wird den südlichen Eckpunkt der Festivalmeile durch die Innenstadt bis zum Ars Electronica Center darstellen, bespielt werden auch diverse Locations dazwischen vom Mariendom über die Tabakfabrik und die Kunstuni bis hin zum Lentos. Die Johannes Kepler Universität (JKU) sei zwar heuer nicht mehr das Hauptquartier, aber man arbeite weiter an gemeinsamen Programmen entsprechend der seit drei Jahren bestehenden Kooperation, sagte Festivalleiterin Christl Baur bei der Programmpressekonferenz am Montag in Linz. Zudem sind etliche internationale Kooperationspartner wie das Museo Nacional del Prado, das Grand Palais Immersif in Paris oder die Biennale Musica 2023 Venezia mit an Bord.
Es habe sich die Gelegenheit ergeben, die Postcity - das alte Postverteilzentrum soll demnächst einem neuen Stadtviertel mit Wohnungen, Büros und Geschäften weichen - noch ein vermutlich letztes Mal zu nutzen, so Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica. Mit dem im Herbst anstehenden Rektorenwechsel an der Linzer Universität habe das nichts zu tun. Es sei durchaus möglich, dass man kommendes Jahr wieder auf den Uni-Campus zurückkehre. Aber offenbar wollte man wieder etwas zentraler werden und in der Innenstadt stärker präsent sein. Auch bietet die Postcity mehr Platz.
Den inhaltlichen Fokus legte Stocker bei der Programmpräsentation auf ChatGPT, durch das er ein neues Zeitalter eingeläutet sieht. Künftig werde es nicht mehr darum gehen, mit "Werkzeugtechnologie umzugehen, sondern um den Umgang mit den Ergebnissen", die digitale Systeme liefern, beschrieb er den aktuellen Paradigmenwechsel. Im Fall von ChatGPT müsse man den Unterschied zwischen einer Kommunikationsmaschine und einem Lexikon verstehen, "es heißt ja ChatGPT und nicht LexikonGPT". Schließlich würde man auch im Gespräch mit Menschen, die man nur flüchtig kennt, nicht alles immer gleich für bare Münze nehmen, sondern manches hinterfragen, meinte er sinngemäß.
Das Festival wird sich den Fragen widmen, die sich aus den neuen Entwicklungen auf dem Sektor der künstlichen Intelligenz ergeben - etwa: Gibt es Meinungsfreiheit für künstliche Intelligenz und welches Potenzial nimmt man ihr, wenn man diese einschränkt? Eine der wichtigsten Fragen der Ars Electronica "ist auch die Frage nach der Deutungshoheit und der Souveränität" und man werde sich ausführlich mit dem European AI Act beschäftigen, dem Regelwerk, das die EU für Künstliche Intelligenz erstellen will. Für Stocker wäre es besonders wichtig, dass man KI-Systeme verpflichtet zu veröffentlichen, woher ihre Daten kommen. Schließlich müsse auch auf jedem Suppenpackerl draufstehen, was drinnen ist.
In der Aussendung heißt es: "Von 6. bis 10. September 2023 lädt Ars Electronica Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Entwickler*innen, Designer*innen, Unternehmer*innen und Aktivist*innen aus aller Welt wieder nach Linz, Österreich. Die Frage, die Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft dabei in den Fokus nimmt, lautet: Who Owns the Truth? – Wem gehört die Wahrheit?. Zentraler Schauplatz wird – noch einmal – die legendäre POSTCITY, in der das Festival schon von 2015 bis 2019 gastieren durfte.
Wieder in der POSTCITY
Sag niemals nie. Nachdem man sich 2019 "endgültig" von ihr verabschiedet hatte, wird die legendäre POSTCITY 2023 doch noch einmal zur Bühne für Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft. "Die Post AG ist seit vielen Jahren ein Partner der Ars Electronica", sagt Christl Baur, Head of Ars Electronica Festival. "Als wir unsere diesjährigen Kooperationsgespräche aufnahmen, stand plötzlich die Möglichkeit einer nochmaligen Bespielung der POSTCITY im Raum – ein Angebot, das wir nicht ablehnen konnten!"
Warum, ist leicht erklärt: Die POSTCITY ist groß, sie ist spektakulär und sie liegt mitten in der Stadt. Mit 80.000 Quadratmetern Nutzfläche auf mehreren Ebenen, einer 4.000 Meter langen Paketverteilanlage, dem Speicher für 10.000 Pakete, einer ganzen Batterie von 12 Meter hohen Wendelrutschen und einer rund 240 Meter lange Gleishalle für ein- und ausfahrende Eisenbahnen bietet das 2014 aufgelassene Postverteilerzentrum schier unbegrenzte Möglichkeiten für künstlerische Inszenierungen Marke Ars Electronica.
"Nirgends sonst konnte sich das Festival so entfalten und weiterentwickeln wie in der POSTCITY", sagt Martin Honzik, Chefkurator des Ars Electronica Ausstellungs- und Festivalteams. "Die riesigen Hallen und weitläufigen Katakomben fordern Kurator*innen und Künstler*innen geradezu heraus, sich besondere Dinge einfallen zu lassen. Es gilt, einen stillgelegten, unproduktiven und kalten Industriebau in ein lebendiges und inspirierendes Labor der Zukunft zu verwandeln, in dem sich ein breites Publikum und Expert*innen aus allen möglichen Disziplinen, Branchen, Kulturen und Ländern treffen und ins Gespräch kommen können."
Festivalmeile in der Linzer Innenstadt
Die POSTCITY wird die zentrale und zugleich südlichste Location einer Festivalmeile bilden, die entlang der Landstraße quer durch die Linzer Innenstadt führen wird. Bespielt werden der Mariendom im Domviertel, die Tabakfabrik, die Kunstuniversität am Hauptplatz, das LENTOS Kunstmuseum an der Donaulände, das Atelierhaus Salzamt, die Anton Bruckner Privatuniversität am Fuß des Pöstlingbergs sowie die Stadtwerkstatt und das Ars Electronica Center am nördlichen Ufer der Donau.
Festival-Partner*innen aus aller Welt
An all diesen Locations werden Ausstellungen, Konzerte, Performances, Screenings, Vorträge und Konferenzen zu erleben sein, die wiederum von Künstler*innen und Institutionen aus aller Welt gestaltet und nach Linz gebracht werden. "Die Liste der mitwirkenden Partner*innen ist lang – und sie wird jeden Tag länger", freut sich Christl Baur.
Unter den diesjährigen Kooperationspartner*innen aus Kunst und Kultur finden sich klingende Namen wie das Museo Nacional del Prado und das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, beide in Madrid, das Grand Palais Immersif in Paris, die Salzburger Festspiele oder die Biennale Musica 2023 Venezia. Weiters werden das MEET Digital Culture Center aus Mailand, die WRO Media Art Biennale aus Breslau, Leonardo – The International Society of Arts, Sciences, and Technology, die Arizona State University. Ebenso sind die beiden Europäischen Kulturhauptstädte Bad Ischl 2024 als auch Oulu (Finnland) 2026 im Herbst mit dabei."(apa/grex)