
Wien. Man schafft es nicht, an diesem Bild vorbeizugehen, ohne es eingehender zu betrachten. Dabei ist es kleinformatig und ist nicht einmal besonders exponiert platziert - es hängt im letzten Sektor einer Reihe zwischen zwei anderen Bildern. Jedoch vermag die Arbeit "Abendlicher Gemüsemarkt" von Petrus van Schendel im Dorotheum den Betrachter unmittelbar in seinen Bann zu ziehen. Das diffuse Vollmondlicht im Hintergrund, das schattige Capriccio Den Haags und die von Kerzenlicht ausgeleuchtet Szenerie des Marktes verdichten sich zu einer beeindruckenden malerischen Komposition des belgischen Künstlers.
Das im Jahr 1851 entstandene Werk ist eines der Highlights der Auktion von Gemälden des 19. Jahrhunderts im Dorotheum, der Schätzwert liegt bei zwischen 150.000 und 200.000 Euro. Andere hervorstechende Gemälde des mittlerweile führenden Auktionshauses in Mitteleuropa sind etwa das lasziv-ironische Werk "Eighty and eighteen" von John William Godward (Schätzpreis zwischen 100.000 und 180.000 Euro), die aufrüttelnde - und an kürzlich geschehene Vorfälle in der Votivkirche gemahnende - Arbeit "Bosnische Flüchtlinge im Dom von Spalato" von Emil Jakob Schindler (Schätzpreis zwischen 20.000 und 30.000 Euro), oder bei den Alten Meistern die berührende "Madonna mit Kind" von Guercino (Schätzpreis zwischen 50.000 und 70.000 Euro) aus dem 17. Jahrhundert.
In Gehweite des Palais Dorotheum feiert ein anderes Palais der Wiener Innenstadt sein 300-Jahres-Jubiläum, das Palais Kinsky. Das gleichnamige Auktionshaus nimmt das Jubiläum zum Anlass, eine hochkarätige Auktion anzubieten, die Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert, der Klassischen Moderne und zeitgenössischer Kunst beinhaltet. Aus dem 19. Jahrhundert findet man da etwa das bestechende Gemälde "Der erste Reif" von Olga Wisinger-Florian (Schätzpreis zwischen 150.000 und 300.000 Euro), bei der Klassischen Moderne lohnt sich ein Blick auf die Arbeit "Stehender Akt mit erhobenen Armen" von Egon Schiele (Schätzpreis zwischen 150.000 und 300.000 Euro). Eine Zeichnung, die der Künstler erst durch die Signatur von einem querformatigen, liegenden Frauenakt in ein Hochformat verwandelt hat. Bei der zeitgenössischen Kunst könnten sich Sammler für die ausdrucksstarke Malerei von Herbert Brandl ("o.T.", 2007, Schätzpreis zwischen 70.000 und 120.000 Euro) begeistern.
Ein paar Straßen weiter hat es Wolfdietrich Hassfurther, der Einzelkämpfer unter den Wiener Auktionshäusern, ebenfalls geschafft, eine ansprechende Auktion zusammenzustellen - mit Alten Meistern, Werken aus dem Biedermeier und der Klassischen Moderne. Zum Beispiel besticht der "Einsame Berghof" von Alfons Walde durch eine sehr pastos-malerische Hervorhebung des Gehöftes (Schätzpreis zwischen 100.000 und 200.000 Euro). Im Gegensatz dazu steht der gespachtelte Farbauftrag bei Oskar Mulleys "Gebirgshof" (Schätzpreis zwischen 20.000 und 40.000 Euro). Bemerkenswert ist auch das Selbstporträt von Broncia Koller-Pinell (Schätzpreis zwischen 4000 und 7000 Euro). Die Wiener Auktionshäuser haben ihre Hausaufgaben einwandfrei erledigt. Nun liegt es an den Kunden und Sammlern, das Portemonnaie zu öffnen.