
Sich regen mit Sägen
(cai) Herbert Golser - sein Name ist ja vielleicht viel bodenständiger als der vom Niccolo Paganini (klingt ein bissl wie "Goiserer", diese plumpen Bergschuhe), aber er holt aus einem Stück Holz auch alles raus, was geht. Allerdings kann man von ihm echt nimmer behaupten: "Er tut nix. Er will nur spielen." Sein Geigenbogen ist immerhin die Säge. Nicht dass er seine Virtuosität an einer Stradivari auslassen würde. Er spielt ja nicht Geige, er spielt Eiche. Oder Birne, Nuss, Kirsche, Ahorn.
Bisher war ich der Meinung, der Thonetstuhl wäre das Nonplusultra der Holzakrobatik. Doch was ich jetzt in der Galerie Frey gesehen habe . . . Da frisst womöglich sogar den legendären Bugholzstuhl Nr. 14 der Holzwurm vor Neid. Golser schneidet das Holz in extradünne Streifen, die sich zur Schwerkraft hinunterbeugen und im Wind wie die Palmen wedeln. Oder das Holz geht bei ihm locker auf wie Blätterteig. Ein wahrer Teufelssäger, der das Holz (auch durch gezieltes Befeuchten) an seine Grenzen bringt, in die prekärsten Verhältnisse. Wieso fällt nicht alles sofort auseinander, obwohl doch quasi nur noch eine einzige Faser das Ganze zusammenhält? Gut, manchmal pflanzt er die filigranen Dinger in seine Heimaterde ein. (In einen Klumpen Lehm aus dem Waldviertel.) Damit sie nicht umkippen. Hm. Das aufgeschlagene Buch mit Holzblättern wie Papier ist sicher ein Langzeitversuch wie das meditative Pechtropfenexperiment. Dafür braucht man mindestens so viel Geduld wie diese Forscher in Australien, die elf Jahre auf den ersten Tropfen gewartet haben. (Seit 1927 hat das superzähe Pech acht Mal getropft.) Und mithilfe von Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen wird es Golsers Schmöker bestimmt irgendwann schaffen, eine Seite umzublättern. Diese Arbeiten sind nämlich Teamwork.
Galerie Frey
(Gluckgasse 3)
Herbert Golser
bis 9. November
Mo. - Fr.: 11 - 18.30 Uhr
Sa.: 11 - 16 Uhr
Somewhere over the Sudoku
(cai) Da hat wohl einer das Sudoku mit Malen nach Zahlen verwechselt. Nein, natürlich hat er das mit voller Absicht getan. Und jetzt hängen in der Galerie Lindner eben lauter Kompositionen der "Neuntonmalerei" herum. Josef Linschinger hat jedenfalls den Ziffern von eins bis neun, die man ja nach klaren Regeln in die leeren Kastln eines Sudokus einträgt, Farbtöne zugeordnet. Das unerlöste Sudoku (äh: ungelöste) besteht bei ihm aus bunten Quadraten auf schwarzem Grund. (Pixel im Weltall?) Man kann gut erkennen, dass die vorgegebenen Zahlen (die nun Farben sind) nach einem eleganten Muster verteilt worden sind. Sudokus sind nämlich bildschön. Beinah schon Mandalas. Zumindest die idealtypischen. (Unsre in der "Wiener Zeitung" gewinnen aber leider meist keinen Schönheitswettbewerb.)
Gelöst hat der Linschinger sie ebenfalls. Und das richtig. Seine abstrakte Kunst ist also absolut fehlerfrei. Und die Drucke haben dank ihrer makellosen Glätte auch noch einen ziemlichen Sexappeal.
Sudoku - wieso heißt das eigentlich so? Weil sich den vollständigen Namen keiner merken kann: "Suji wa dokushin ni kagiru." Hört sich an wie der Zungenbrecher aus "Mary Poppins": Supercalamari-frittipipifaxallergisch. Ach, das war irgendwie anders. Dafür bin ich draufgekommen, welches Wunder der Künstler hier wirklich vollbracht hat. Er hat den Regenbogen in ein Sudoku verwandelt. Okay, das Violett fehlt. Doch sonst sind von 1 = Rot bis 9 = Blau alle Spektralfarben da (in diversen Nuancen). Einfach sudokukaraokebanaorigamikaze. Kurz: originell.
Galerie Lindner
(Schmalzhofgasse 13/3)
Josef Linschinger
Bis 18. Oktober
Di. - Fr.: 14 - 18 Uhr