
Wer das Wachs grasen hört
(cai) Märtyrerinnen der Enthaarungsindustrie, die vielleicht seit einem Brazilian Waxing an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden (wie nennt man eigentlich den weiblichen Folterknecht? Foltermagd?), die werden sich die Kunst vom Martin Pohl in der Lukas Feichtner Galerie wahrscheinlich nicht anschauen können, ohne eine Panikattacke zu kriegen. Oder wegen der psychosomatischen Schmerzen tagelang nimmer sitzen können.
Wieso? Malt der Südtiroler etwa Impressionen aus dem brasilianischen Urwald? Nein. Nicht einmal glattbeinige Samba-Tänzerinnen. Aber er arbeitet mit Wachs. Okay, seine Technik ist nicht "Wachs auf unrasierter Haut", sondern eh "Wachs auf grundierter Leinwand oder MDF-Platte". Doch wenn Wachs der Trigger ist . . . Und wie malt man nun damit? Terpentin dazu, Pigmente rein, erhitzen, die Masse gschwind aufspachteln, bevor alles wieder kalt wird ("da hat man nicht weiß Gott wie viel Zeit"), und versuchen, sich trotzdem nicht die Finger zu verbrennen. ("Das is schon ziemlich heiß. 60, 70, 80 Grad.")
Dramatisch schwingen sich da die geschmeidigen, abstrakten Gesten zu imposant verschneiten Gipfeln auf. Der neutrale, schwarze Untergrund (eine Schicht Acrylfarbe) kommt pittoresk durch und das winterkühle Weiß rinnt, als würde es, wenn der Juni weiterhin so heiß bleibt, bald aus dem Bild raustropfen. Wegtauen. In den hinteren Räumen sind die Berge dann tatsächlich bereits grasgrün. Aber auf dem Galerieboden unten ist seltsamerweise kein weißes Lackerl. Muss irgendwer weggewischt haben. Blödsinn. Gemalter Schnee schmilzt doch nicht wegen dem bissl Sommer. Pure, lustvolle Malerei, die ein betont ruhiger, wetterloser Himmel nur umso spektakulärer zur Geltung bringt.
Lukas Feichtner Galerie
(Seilerstätte 19)
Martin Pohl, bis 4. Juli
Di. - Fr.: 10 -18 Uhr
Sa.: 10 - 16 Uhr
Wo der Barthel die Musik holt
(cai) In der Nachbarwohnung versucht der kleine Karli seit Monaten verbissen, seine Geige zu zersägen, und obwohl seine Mama ihn für hochbegabt hält, ist es ihm noch immer nicht gelungen? Nicht verzagen, es gibt Hoffnung. Ein gewisser Arman war nämlich irgendwann doch erfolgreich. Der Trick ist: Man darf halt keinen stumpfen Bogen verwenden, man muss eine richtige Säge nehmen.
Der französische Objektkünstler (1928 - 2005), dessen Künstlername ein Druckfehler ist (auf einer Einladung hat man aufs d am Ende seines Vornamens vergessen), war aber generell nicht gerade zimperlich im Umgang mit den Dingen des täglichen Gebrauchs. Er hat sie zertrümmert, in die Luft gejagt . . . Und unter dem Titel "The Colours of Music" (Musiker malen eben mit Klangfarben) zeigt die Galerie Hilger, dass er auch gewusst hat, wo der Barthel die Musik herholt.
Sein Geigentrio "Hommage à Yves Klein" ist schlichtweg genial. Auf den drei zersägten Streichinstrumenten hätte ein Zetterl picken können: "Vorsicht, frisch gestrichen!" Nicht, weil vorher jemand drauf gefiedelthätte und sie noch heiß gewesen wären. Too hot to touch. Nein, Arman hat sie eingefärbt. In den Yves-Klein-Farben: Pink, Gold und natürlich Blau (und das saugt ohne Saugkraftverlust). Ein optischer Dreiklang. Aha, und vom Klein gibts die "Monotone Sinfonie": Das Orchester spielt 20 Minuten lang den selben Akkord: d-fis-a. (He, ein A hört sich ja wirklich irgendwie blau an.) Und auch auf dem Papier ist Arman ein Geigenvirtuose. Ein Armanini. Mitreißend schleift er den sexy Klangkörper über die Notenblätter.
Was? Der heilige Sebastian ist ein Kontrabass? Aber er wurde doch von numidischen Bogenschützen gemartert, nicht von numidischen Musikschülern. Ach, einen Bogen hätten die kleinen Karlis ebenfalls.
Galerie Ernst Hilger
(Dorotheergasse 5)
Arman, bis 4. Juli
Di. - Fr.: 11 - 18 Uhr
Sa.: 11 - 16 Uhr