Peking. (cb) Ai Weiwei kann sein Fahrrad mit dem Blumenkorb jetzt in die Garage stellen. Jeden Tag hat der chinesische Künstler frische Blumen dort deponiert und ein Foto davon auf der Bilderteil-Plattform Instagram veröffentlicht. Die Blumen symbolisierten den Pass, den man Ai Weiwei (Bild) im Jahr 2011 abgenommen hatte. Am 600. Tag, nach dem 600. Blumenstrauß, war es am Mittwoch aber so weit: Der Dissident bekam seinen Reisepass zurück. Es dürfte ein weiterer Schritt in einem lockereren Umgang der Behörden mit ihm gewesen sein. Immerhin wurde ihm im Juni erstmals erlaubt, seine Werke in China auszustellen (siehe Artikel oben). Bis dahin war die Blumen-Installation die einzige "Ausstellung", die China duldete.

Sein erster Weg könnte Ai Weiwei nun nach Berlin führen, dort warten seine Lebensgefährtin und sein sechsjähriger Sohn. Auch die Universität der Künste macht sich Hoffnungen, dass Ai Weiwei nun bald seine dreijährige Gastprofessur antreten kann. Zu der wurde er schon 2011 eingeladen. Außerdem will er sich in Deutschland einer Nachuntersuchung seiner Kopfoperation unterziehen. Ai war 2009 in München operiert worden, um die Spätfolgen eines brutalen Übergriffs chinesischer Beamter auf ihn zu behandeln

Tatsächlich fix ist bereits, dass Ai Weiwei zur Eröffnung seiner Ausstellung in London anreisen wird. In der Royal Academy of Arts wird er neue Werke zeigen. Im Oktober besucht der chinesische Staatspräsident Xi Jinping London. Hätte Ai nicht zu seiner eigenen Schau anreisen dürfen, hätte sich das womöglich in negativen Schlagzeilen während der Anwesenheit des Präsidenten niedergeschlagen.

Ai Weiwei hat freilich London schon einmal in Abwesenheit mit einer Installation verzaubert: Seine Keramik-Sonnenblumenkerne in der Tate Modern waren 2010 so ein Erfolg, dass die Zuseher angewiesen werden mussten, anders als vom Künstler eigentlich geplant, keine Sonnenblumenkerne mit nach Hause zu nehmen.

Chinas berühmtester zeitgenössischer Künstler war 2011 wegen angeblicher Wirtschaftsvergehen auf dem Weg nach Hongkong von der Polizei festgenommen worden. Nach 81 Tagen in Einzelhaft kam er wieder auf freien Fuß. Danach stand er zunächst unter Hausarrest. Sein Pass wurde damals einbehalten.