Bis dass der Tod sie kleidet

(cai) Er hat in diversen Krimis mitgespielt. In einem Horrorfilm war er sogar der Hauptdarsteller. (In "The Fog - Nebel des Grauens". Für eine Oscar-Nominierung hat’s freilich nicht gereicht, trotz seines intensiven, dichten Spiels.) Und in der Galerie Michaela Stock spielt er seine Rolle jetzt ebenfalls sehr überzeugend. Nämlich der Nebel.

Sabine Groschup hat ihn in ihren düster melancholischen Schwarzweißfotos (na ja, im Nebel sind alle Farben grau) feinfühlig eingefangen. Wie er dort, wo sich Hänsel und Gretel Gute Nacht sagen, malerisch umherstreift. So eine "Wolke mit Bodenkontakt" wird bei Bedarf auch leibhaftig erzeugt. Kochplatte, Nebelsalz drauf. Wie im Theater. Überhaupt ist hier alles ziemlich theatralisch inszeniert. Die Sicht ist dabei jedoch nie so vernebelt, dass man die Gebrauchsanweisung für die Ausstellung nimmer lesen könnte: "Please touch, but softly." Bitte berühren? Äh, die heiße Kochplatte?

Blödsinn. Die drei unheimlichen Gestalten natürlich, die im Raum schweben. Die "Sweet Ladies Of Darkness". Eigentlich Kapuzenumhänge. Wie sie der Tod im Film trägt. Fehlt bloß die Sense. Dafür sind lustige Glöckchen aufgenäht. Und Münzen. Und wenn man die bunten Kutten schüttelt (die eben nichtin einem nekrophilen Depressionsschwarz gehalten sind), klingen sie wie . . . Bauchtänzerinnen. (Ist das nicht pietätlos? Nein, wieso? Es gibt doch den Totentanz, oder?) Verspielte Kostüme für die modebewusste Tödin? Aber, gell: "berühren", nicht anziehen!

Am Ende: eine "Kletterwand". Studien zum Matterhorn (das hat über 500 Bergsteiger umgebracht). Der Schatten der Künstlerin wirft sich kryptisch drauf. He, führen im Hades die Toten nicht ein Schattendasein? Die Schau passt perfekt zum Herbstwetter. Und Allerheiligen kommt ja auch bald.

Galerie Michaela Stock
(Schleifmühlgasse 18)
Sabine Groschup, bis 7. November
Di. - Fr.: 16 - 19 Uhr
Sa.: 11 - 15 Uhr

Frankensteins Gänsehaut

(cai) Fehlt da nicht ein Warnhinweis? "Die folgende Ausstellung ist für Besucher mit viel Empathie nicht geeignet." Weil die kriegen sicher Bauchweh. Jedenfalls sobald sie einen Blick in die Kühlbox werfen. Da drin geht’s ja zu wie in "Die Nacht der Organe spendenden Zombies". Der Magen, bereit zur Transplantation, ist dermaßen untot (das liegt am Motor), in dem rumort es so heftig, fast möchte man aus Mitleid ein Rennie lutschen ("räumt den Magen auf").

Maria Grün hat aus dem artist run space ein klinisches Gruselkabinett gemacht. Körperfunktionen werden imitiert und irritierend echt aussehende Körperteile werden verpackt in - Pizzaschachteln? Betreibt die Wienerin einen Lieferservice für Kannibalen (die auf Rohkost stehen dürften und nicht auf Pizza Cannibale)? Nein. Ellbogen und Daumen stammen aus ihrem Prothetikfachgeschäft, einem gemeinsamen Kunstprojekt mit ihrer Schwester Eva.

"Did you ever see a man with eight fingers on his hand" (ein Zitat aus einem Song der Rockband Ween): Unter diesem körperbetonten Titel fasst Teil drei des Zyklus "The human body as a surreal machine" die beiden ersten Teile nun quasi zusammen. Die fragmentarische Wahrnehmung des Körpers. Überall verschwimmen die Grenzen zwischen Medizin und Kunst, Chirurgie und Bildhauerei. Ist der Unterschenkelamputierte, der auf einem Podest posiert, eine hyperrealistische Skulptur? (Den antiken Statuen im Museum fehlt doch auch oft was.) Oder zeigt das Foto (in Kooperation mit Max Berner entstanden) eine Performance?

Gänsehaut ist hier garantiert. Na ja, sie wird im Gänsehautsimulator künstlich erzeugt. Ein Stück Haut (Silikon, behaart), Elektronik aus einem Fernseher (zur Erzeugung der Spannung), und man kann fasziniert zuschauen, wie sich die Haare aufstellen. Spannend. (Nicht nur in elektrischer Hinsicht.)

Artist run space
(Schleifmühlgasse 12 - 14)
Maria Grün, bis 24. Oktober
Do., Fr.: 14 - 19 Uhr
Sa.: 10 - 15 Uhr