Das Zeitliche

zersägen

(cai) Er sägt wie kein anderer. Damit will ich natürlich nicht andeuten, dass er schnarcht wie ein Holzfäller. Woher sollte ich das denn, bitte, wissen? Nein, die Sägen vom Herbert Golser sind echt. Der gelernte Elektromaschinenbauer hat sie höchstens ein bissl auffrisiert und umgebaut.

Trotzdem könnte in der Galerie Frey auf einem Taferl stehen: "Bei den Sägearbeiten für diese Ausstellung ist kein Baum zu Schaden gekommen." Eh nicht. Die waren alle schon vorher umgefallen. ("I loss nie an Baum umschneiden. I find den beim Spazierengehen. Und dann frag i, wem der g’hört.") Während also grad an jeder Ecke Tannen und Fichten mit geschmacklosen Klunkern (Christbaumkugeln) und Lichterketten aufgeputzt werden wie billige Straßennutten, die sich einen Weihnachtsmann aufreißen wollen (war das jetzt politisch korrekt?), spielt dieser Teufelssäger auf dem nackerten Holz alle Stückln. Auch Weihnachtslieder? Tja, wenn das dort ein Engelsflügel ist . . .

Einfach spektakulär. Einen Stamm schneidet der Enkel eines Tischlers und Sohn eines Steinmetzen auf wie Salami (die Salamitaktik?). Oder er tranchiert den Findling rhythmisch, rastert ihn durch, nimmt der Materie die Schwere. Einen Birnbaum hat er regelrecht flachgelegt, ist heißblütig über ihn hergefallen ("Delirious"). Und hat die Spuren seiner Leidenschaft nachher nicht einmal aufgekehrt. (Ist das überhaupt jugendfrei?)

Das Holz arbeitet immer brav mit. Das ist ja nach dem Schlägern nicht axtstill, äh: hackenstad. Es bäumt sich auf, wellt sich. Irgendwann wird der Golser aus einem Schneidbrettl "Blätterteig" machen und die Schwankungen des Raumklimas werden den zu einem Strudel zusammenrollen. Wetten? Bleibt mir bloß noch, allen zu wünschen: Zersägte Weihnachten!

Galerie Frey

(Gluckgasse 3)

Herbert Golser, bis 9. Jänner

Mo. - Fr.: 11 - 18.30 Uhr

Sa.: 11 - 16 Uhr

Süßer die Raben

nie singen

(cai) Genau, es ist ja nicht nur Advent, sondern auch Fasching. Und dieser wamperte Onkel geht eben jedes Jahr als Weihnachtsmann. (Dieser Coca Cola. Tschuldigung: Santa Claus.) Aber auf das Gschnas in der Galerie Gerersdorfer hat ihn eh keiner eingeladen. Dafür hat sich ein Rabe als Franzose verkleidet und ein feister Tiroler hat sich Fledermausflügel angeklebt. (Graf Dickula? Jedenfalls nicht das Christkind.) Macht der Paul Flora also in Wahrheit den Fasching und nicht, wie immer angenommen (weil halt einen Monat nach der Ankunft seiner Raben bei den Gerersdorfers das Christkind zu uns kommt), Weihnachten? Blödsinn. Dann würden die düsteren Notturnos und der herrlich skurrile Zoo doch bis zum Aschermittwoch dahängen, oder?

So fleißig hat der Flora vorgearbeitet, das ist heuer sein siebentes posthumes Weihnachtswunder. Er selber dürfte freilich nicht ganz so von sich überzeugt gewesen sein. Oder er war sehr tolerant gegenüber anderen Religionen. Weil "Der Besuch" ist eindeutig ein Propagandabild der Präastronautik. Weihnachten kommt aus dem All. Vögelnde Aliens, äh: außerirdische Vögel springen aus christbaumkugelrundem Ufo. Elfen? He, und wo haben sie die Geschenke?

Hm. Ist es nicht gefährlich, jemandem was vom Flora unter den Baum zu legen? Die nostalgischen Rabierungen, nein: Radierungen, und pointierten Zeichnungen sind immerhin aus Papier und, na ja, entflammbar. (Advent, Advent, die Hütte brennt.) Ach, gegens Budeabfackeln gibt’s ein tolles Hausmittel: elektrische Christbaumkerzen.

Galerie Gerersdorfer

(Währinger Straße 12)

Paul Flora, bis 23. Dezember

Mi. - So.: 11 - 20 Uhr