Zuallererst ein Leinwandbild, ein großes. Im eigentlichen Sinne ist nichts darauf zu sehen. Aus der Ferne betrachtet, wirkt es in seiner Materialität nahezu roh belassen, nur leichte Schattierungen sind auszumachen. Man muss ganz nah herantreten, um der feinen Linien und Punkte gewahr zu werden, die die Oberfläche überziehen. Flora Hauser hat die Arbeit geschaffen und sie mit "Ein Herr und sein Terrier in blau, abends" betitelt. Erzählerisches blitzt hier nur kurz auf, versickert gleich wieder in der Abstraktion. Die Arbeit zieht in den Bann. Warum eigentlich?

Weil sie an die vibrierende Stille erinnert, die sich nach einem Gewitter ausbreitet. Und weil sie sich dem Betrachter im Moment der Betrachtung entzieht. Womit wir beim Kerngedanken der Ausstellung "NOW/HERE" wären. Dem Ephemeren hat sich die von Kuratorin Marlies Wirth und Künstler Andreas Duscha konzipierte Schau vor dem Hintergrund unserer Beschleunigungsgesellschaft verschrieben.

Poetische Notiz und Kritik


So etwa mit Marilia Furman, die in Anspielung auf politische und wirtschaftliche Instabilität Wachs und Eis in einer raumgreifenden Installation zum Schmelzen bringt. In eine ähnliche Kerbe schlägt Alicja Kwade mit einer wunderschönen Bodenskulptur, für die sie Platten aus Edel- und Industriemetallen übereinandergeschichtet hat. Bezogen auf den Goldpreis vom "Donnerstag, 13. März 2014, 11:21:00 Uhr" (Titel der Arbeit), spielen die unterschiedlichen Formate der einzelnen Elemente auf den an den Rohstoffbörsen gehandelten Weltmarktpreis und dessen Schwankungen an.

Das Ephemere, das sich immer auch mit Fragilität verbindet, zeigt sich in der Ausstellung auch anhand von eher selbstreferenziellen Arbeiten, die mehr poetische Notiz als kritisches Statement sind. Sarah Pichlkostners von der Decke hängendes und über dem Boden schwebendes antennenartiges Objekt mag dazu zählen. Ein Skulptur gewordener Zeichenstrich im Raum? Die Nachbarschaft zu Fred Sandbacks diagonal durch den Raum gespannten blauen Garn legt eine solche Leseart nahe. Beiträge wie diese zwingen das gehetzte Auge zur Rast. Wer Daniel Steegmann Mangranés Film mit Stabheuschrecken betrachtet, wird die Ausstellung als Meister in der Wahrnehmung kleiner Bewegungsnuancen verlassen.

Wie bildstark sich Vorgänge und Dinge präsentieren können, die sich eigentlich im Bereich des nicht sichtbaren vollziehen, zeigen die Fotografien von Raphael Hefti und Sarah Schönfeld. Hefti hat die Leuchtkraft hochentzündlichen Lycopodium-Sporen genützt, um das Fotopapier zu belichten. Es sind die Erzeugnisse eines Alchemisten, der in einem ehemaligen Armeebunker laboriert und dort seine visuellen Explosionen auslöst.

Schönfelds Unterfangen ist nicht minder schräg. Heroin, LSD und andere Substanzen hat sie auf Fotoemulsion geträufelt und das Ergebnis der chemischen Reaktion belichtet. Das visuelle Ergebnis zeigt kristalline Gebilde, die kosmischen Sphären entsprungen zu sein scheinen. Um sich der Realität für einen oder mehrere Augenblicke zu entziehen, reicht ein Blick auf diese Bilder. Die Drogen selbst, kann man sich also sparen.

Ausstellung

NOW/HERE

Marlies Wirth (Kuratorin)

Galerie "Franz Josefs Kai 3"

Bis 21. Februar