1999 schrieb der damals international bekannteste österreichische Künstler, Franz West (1947- 2012), an den ihm durch Richard Hoeck und Robert Fleck bekannten französischen Künstler Fabrice Hybert ein Fax. Darin intonierte er über die beiden Mittler die Idee einer kollaborativen Ausstellung in Paris. Doch der "Artistclub" wurde zu seinen Lebzeiten nicht verwirklicht, sehr wohl aber gelang es mit vielen Projekte in Komplizenschaft mit anderen Künstlern. West bemalte seine frühen "Passstücke" aus Draht und Gips mit Albert Oehlen, Herbert Brandl, aber auch mit vielen anderen Künstlern, denen er in der Galerie in der Ballgasse von Peter Pakesch begegnete. So freundete er sich neben Martin Kippenberger und Michelangelo Pistoletto schließlich mit der ihm vorerst skeptisch gegenüberstehenden Young British Artist-Queen Sarah Lucas an, die seine geistigen Inputs heute als besonders inspirierend bezeichnet. Ihr Akt, ein frisches Spiegelei auf eine seiner Skulpturen zu klatschen, wird nun jeden Morgen im 21er Haus wiederholt. Darüber gibt eine Lampe der "Fleur Mal" von West und Andreas Reiter-Raabe Discolicht.

Erweiterter Kunstbegriff

In Venedig auf der Biennale 1990 vertrat West Österreich nicht nur selbst, sondern mit 30 Kollegen - von Otto Muehl über Rudolf Polanszky bis zu Gelatin. Zudem baute er einen rot beleuchteten Waschraum mit Zweimuschelklosett zum Besitzen durch die Besucher in seine Installation "Extroversion" ein. Die alte Kunstwelt der klassischen Moderne und die Reduktion des Publikums auf distanziertes Schauen waren für ihn nicht mehr möglich. Er nahm Oswald Oberhubers erweiterten Kunstbegriff und die endlos wachsenden Installation seines Lehrers Bruno Gironcoli und führte sie in noch offenere Welten der jungen Generation um Heimo Zobernig, Erwin Wurm, Songül Boyraz und Anita Leisz. Der international etablierte "Wiener Aktionismus" war ihm zu pathetisch im Vortrag, er wandelte ihn und machte den performenden Künstler auch zum dilettierenden Musiker.

Die bissige Ironie holte er sich aus der Lektüre des späten Sigmund Freud und dessen Rat, auf die prometheischen Werkgesten des Menschen zu pissen, um so das phallische Feuer zu löschen. Dazu addierte er Philosoph Ludwig Wittgensteins Sprachwitz. Jede bekannte Institution musste Wests ständigen Änderungen um die zentrale Teamworkansage in Ausstellungen akzeptieren. Sein Angriff auf den klassischen Kunstbegriff dient nun Kurator Harald Krejci zur Neukomposition dieser Fax-Idee für Paris 1999. Damit stellt er sich in der damals bitter geführten Diskussion um das Werk von Joseph Beuys klar auf die Seite von Harald Szeemann, der als legendärer Ausstellungsmacher die Rauminstallationen des Künstlers rekonstruierte, um ihn gegen den Willen seiner Assistenten Bazon Brock und Heiner Bastian immer wieder als Phönix aus der Asche steigen zu lassen.

Die Sessel bitte benützen!

Hier steht West mit seiner Idee des "Artistclubs" wieder auf, am Ort seiner erste Personale, die vor zwanzig Jahren Eva Badura-Triska im damaligen 20er Haus mit dem Künstler kuratiert hatte. Die trashige Installation "Proforma" war mit Stellwänden voller Zeitungspapier und den frühen Collagen, aber auch mit Möbeln bestückt, die jeder Besucher benutzen konnte - viele seiner Metall-Couch-Unikate belegt mit schönen Teppichen als Hommage an Freud, und auch heute sollen die mit Jute belegten Exemplare und Liegen, Sessel und Tische wieder für die Besucher zur Verfügung stehen. In einer Kabine kann jeder eigens gefertigte Passstücke anlegen und sich in Pistolettos Spiegel betrachten. Nur den "Moonlight"-Raum mit Tamuna Sirbiladze und einige Leihgaben aus Museen oder Privatbesitz muss man meiden. Zobernig baute für Gespräche, Konzerte und Performances, die den "Artistclub" wachsend begleiten sollen, Turm und Bühne für Hoecks "Paris Refake Sieben Säulen" wieder nach. Douglas Gordons Kollaborationsecke "Every, Little" mit West von 2003 baut sogar die Trauer um den nach langer Krankheit früh Verstorbenen ein: "Every time you think of me, we die, a little" ist stiller als "Siesta" und Komatrinken mit dem langjährigen Ateliergefährten Polanszky.