Egon Schiele: Bild "Kauerndes Mädchen" aus 1910 (Ausschnitt).
Egon Schiele: Bild "Kauerndes Mädchen" aus 1910 (Ausschnitt).

Bevor die Gemäldegalerie im Sommer ins Theatermuseum übersiedelt, während das Hansen-Gebäude am Schillerplatz saniert wird, sind im Korridor weitere 37 Blätter der Kupferstichsammlung als "Altbekanntes & Unerkanntes II" ausgestellt - Zeichnung des 19. und 20. Jahrhunderts, von den Nazarenern bis Alfred Hrdlicka, von denen einige die zweitgrößte grafische Sammlung Österreichs weiter ins Bewusstsein rücken sollten.

Die Auswahl von Julia Nauhaus und René Schober beschränkt sich nicht auf Meisterwerke, sondern will einen Querschnitt geben, der von den in diesem Bereich riesigen Beständen nur ein Bruchteil sein kann. Chronologisch und thematisch stehen die Porträts und religiösen Entwürfe der Nazarener am Anfang, die zuerst gegen die Akademie revoltierten und nach Rom gingen, um dann zum Teil doch Professoren zu werden. Das gilt neben Julius Schnorr von Carolsfeld vor allem für Leopold Kupelwieser und Joseph von Führich. Von Friedrich Olivier gibt es eine Toten-Auferweckung, beliebtes Thema von 1836 für die Volks-Bilder-Bibel.

Blumen und Früchte


1897 wird Koloman Moser "Bilderbogen für Schule und Haus" liefern. Es schließen die Landschaften von Thomas Ender aus Brasilien und von Friedrich Gauermann an, von den über 1000 Blumenaquarellen können nur zwei von Moritz Daffinger und Anton Hartinger präsentiert werden. Hartinger war Spezialist für Blumen, Früchte und Tiere, das lag 1844 noch weit im Ansehen unter der Historienmalerei eines Moritz von Schwind oder Anselm Feuerbach.

Bis heute unerkannt ist der Wiener Leopold Schulz, der 1824 ein romantisches Nachstück mit Wallenstein als Astronom zeichnete und von den Nazarenern zu Peter von Cornelius nach München wechselte, um die Residenz mit auszumalen. Von Rudolf von Alt und Emil Jakob Schindler sind Studienblätter von Bäumen ausgewählt, auch letzte Bäume an dem zu regulierenden Wienfluss.

Besonders mit den Karikaturen der Secessionsmitglieder von Friedrich König 1902 bringen die Kuratoren ein Schlüsselwerk ins Gespräch. In 20 Kästchen sind die Gründungsmitglieder als "Secesssionsvogerl" ironisiert, dabei Gustav Klimt als "Popopopo" und Josef Hoffmann als "kroatischer Quadratvogel", was ihre eigenen Werke und Skandale launig mit einbezieht. Klimts blaue Buntstiftskizze "Judith II" und Schieles "Kauerndes Mädchen" schließen sich als prominente Beispiele hier an. Dem "Hagenbund" zugehörig war Leopold Stolba, der wie Klimt und Hoffmann bereits in die Abstraktion vorstieß. Thomas Zaunschirm hat den Vorstoß aus dem geometrischen Ornament erläutert und Stolbas Experimente mit asiatischem Tunkpapierverfahren 1903- 1906 schon 1986 Wassily Kandinsky gegenübergestellt. Für die Schau sind Stolbas "Fische" nicht ohne Grund Signet geworden. Nazarener wie Secession waren fast ausschließlich Männerbünde - so finden sich bis zur Wiener Werkstätte kaum Künstlerinnen bis auf die humorvollen Kunstkarten von Alice Wanke 1914 für die Firma der Brüder Kohn und ein köstliches Bleistiftblatt von Maria Lassnig 1956, "Mutti und Wiking im Bett". Den Abschluss bilden ein übermalter "Attila" von Arnulf Rainer, Hans Staudacher und Hrdlickas Blatt aus dem Schubertzyklus 1982, in dem der Schüler von Albert Paris Gütersloh und Fritz Wotruba den Musiker mit dem Maler Schwind im Atelier zeigt.

AUSSTELLUNG

Altbekanntes & Unerkanntes II Julia Nauhaus, René Schober (Kuratoren); Gemäldegalerie der Akademie; bis 17. April