Er ist kein Alien und trotzdem ziemlich außerirdisch: Jonathan Meese. Collage für sein "Mondparsifal"-Buch. - © Jan Bauer, Courtesy: Galerie Krinzinger und Jonathan Meese
Er ist kein Alien und trotzdem ziemlich außerirdisch: Jonathan Meese. Collage für sein "Mondparsifal"-Buch. - © Jan Bauer, Courtesy: Galerie Krinzinger und Jonathan Meese

Das Bild bitte

nicht bügeln

(cai) Falten sind keine Schönheitsfehler. Im Gegenteil. Falten sind Ornamente. In der Kunst sowieso. Oder käme irgendwer auf die Idee, ins Porträt von Rembrandts Mutter Botox reinzuspritzen? Ist übrigens auch eine gute Ausrede, wenn ich wieder einmal zu faul war zum Bügeln. Aber eigentlich will ich natürlich mit jeder ungebügelten Bluse bloß das Klima retten, gell? (Energie sparen und so.)

Martin Pohls monochrome Bilder sind ebenfalls ziemlich zerknittert. Obwohl die Leinwand definitiv glatt ist. Eine malerische Illusion also. Diese neue Werkgruppe ist sogar klimafreundlicher als die davor. Jedenfalls muss der Südtiroler jetzt kein Wachs mehr heiß und streichfähig machen. Um nachher die strahlend weiß eingefärbte Masse aufzuspachteln. Schwungvoll haben sich die abstrakten Gesten in den "Bergbildern" zu verschneiten Gipfeln aufgebäumt. Wobei der "Kunstschnee" locker 80 Grad gehabt hat. (Eh weniger als ein Bügeleisen.) Ein paar dieser sinnlichen Arbeiten hängen ganz hinten in der Galerie Feichtner.

Und wie hat der Maler die Technik nun umweltschonend weiterentwickelt? (Nicht, dass er damit die Erderwärmung aufhalten wird oder will.) Er lässt einfach die Berge weg. Überhaupt das Wachs. Mit unglaublicher Raffinesse und einer Spachtel bearbeitet er die Ölfarbe. Erzeugt aufwändige, delikate Strukturen, die an barocke Faltenwürfe erinnern. Ein dynamisches Zerknüllen und Knautschen. Monochrom bedeutet eben nicht monoton. Erstaunlich, was der Pohl aus einem einzigen Rot oder Grün herausholt. Wie viel "Handlung". Und der "Horror vacui", der im Ausstellungstitel erwähnt wird? Ist die Panik vor der Leere. Diese Angststörung behandelt man zum Beispiel mit Bildern. Daheim aufhängen, dann kann einen die weiße Wand nimmer erschrecken.

Lukas Feichtner Galerie

(Seilerstätte 19)

"Horror vacui", bis 8. Juli

Di. - Fr.: 10 - 18 Uhr

Sa.: 10 - 16 Uhr

Die bunte Seite

des Mondes

(cai) Worum geht’s da eigentlich? Na ja, um alles. Mindestens. Und wirklich jeder spielt mit: Zardoz, Moby Dick . . . okay, Dschingis Khan nicht. Und den Namen von der Biene Maja (also: Maja) hab ich ebenfalls nirgends gelesen. Doch ansonsten scheint jeder mit jedem zu einer multiplen Persönlichkeit zu verschmelzen. Der Parsifal mit dem Geisterjäger John Sinclair und mit Zed, dem postapokalyptischen Reiter, und der Jonathan Meese ist sowieso alle drei.

Der überfordert jetzt in der Galerie Krinzinger Auge und Hirn. Aber wozu hat man denn jeweils gleich zwei davon?! Zwei Augen und zwei Hirn-, äh: -hälften. Das Manifest zur Ausstellung ("De Pakt mit Richard Wagnerz") ist jedenfalls nur bedingt eine Gebrauchsanweisung. Der spieltriebgesteuerte Künstler mit der Adidasjacke und seiner eigenen Rechtschreibung, der größteste Fan der Silbe "Erz-", zeigt also her, was er rund um seine Inszenierung des "Mondparsifal Alpha 1 - 8" (bewegte Meese-Bilder mit Ton) alles gemacht und gedacht hat. Leinwände hat er mit brutaler Naivität versaut, Zardoz-Masken gebastelt, Wein etikettiert. Den "Meeswein". Für die abendmahligste Erzeucharistiefeierz? Dabei mag er doch angeblich keine Religion. Pfeile (samt Befehl: "Go home to Daddy Cool") führen den Besucher immer tiefer in Meeses Welt, nein, in sein Weltall hinein. Der hinterste Winkel ist dann eine einzige Zettelwirtschaft. Lauter handgeschriebene Wer-wer-oder-was-ist-Litaneien. "K.U.N.S.T. ist die Regierungsform von morgen." Wohl eher von übermorgen. Meese propagiert ja die Evolution, nicht die Revolution. Und die Mama sitzt als Humpty Dumpty im Modell vom Bühnenbild herum. (Weil Parsifal ein Muttersöhnchen ist?)

Nervige Texte, die Bilder sind nicht grad Meisterwerke, dafür ist seine naturgewaltige Kreativität echt ein Erlebnis. Einblicke gewähren da die Entwürfe für Bayreuth. (Bayreuth hat’s bereut und den Meese plötzlich wieder ausgeladen.) Und die Filme. In einem erklärt er sein kosmologisches Modell: "Kunst hat den Urknall erschaffen und wird ihn auch entschaffen." Na bumm.

Galerie Krinzinger

(Seilerstätte 16)

Jonathan Meese, bis 8. Juli

Di. - Fr.: 12 - 18 Uhr

Sa.: 11 - 16 Uhr