Jedes zweite Jahr schreibt die Boston Consulting Group einen mit 20.000 Euro dotierten Kunstpreis aus. Das Juryverfahren ist zweistufig. Vier internationale Kuratoren und Direktoren nominieren je eine künstlerische Position, die im 21er Haus präsentiert wird. Anhand dieser Schau ermittelt dann eine Auswahljury Anfang Oktober den Preisträger. In diesem Fall die Preisträgerin, denn Séamus Kealy, Simone Menegoi, Cosima Rainer und Vivien Trommer haben vier in Wien lebende und arbeitende Künstlerinnen gewählt - es gibt einzig eine Altersobergrenze mit 40, sonst ist der Preis an keine Bedingung geknüpft.

Maschine und Magie

Judith Fegerl, Anja Ronacher, Toni Schmale und Anne Speier bringen für die sechste Auflage dieses höchstdotierten Kunstpreises eines Privatunternehmens in Kooperation mit dem Belvedere, nach Nilbar Güres 2015 oder Nadime Vardag 2009, wieder ein bereits ausgeprägtes Vokabular mit. Sie sind durch Ausstellungen in Museen, Kunsthallen und Galerien bereits aufgefallen - Schmale tut dies derzeit mit ihrem Beitrag in der Galerie der Secession. Alle vier setzen sich stark mit Körper- und Raumfragen, gesellschaftlicher Verfasstheit, aber auch Materialien und Methoden auseinander, auch mit Grenzgängen zwischen den Medien. Sie diskutieren Arbeitsbedingungen in Museen, aber auch in der Wirtschaft kritisch, und reflektieren ebenso politische Fragen wie verborgene Ideologien der Geschichtsschreibung.

Judith Fegerl bringt in ihren postminimalistischen Raumzeichnungen mit Kabeldrähten elektrische Prozesse in Gang. "cauter" wird durch Starkstromeinleitung mit erzeugt, wobei das in Art einer Zeichnung oder Naht durch den Verputz gezogene Kabel teilweise verbrennt. Unsere Abhängigkeit von Strom zeigt sich noch deutlicher in "moment", da die mit Drähten verbundenen Stahlskulpturen allein durch den Strom zusammengehalten werden - fällt der Strom aus, brechen die Kunstwerke auseinander. In der klaren Ästhetik verbinden sich Spuren von Verbrennung mit unserer körperlichen Existenz samt ihrer leidlichen Abhängigkeit von Architektur und Maschine.

Anja Ronacher bringt mit analogen Fotografien den Blick des Museums auf tausende Jahre alte Artefakte aus archäologischen oder ethnologischen Kontexten (egal ob Chinesen, Babylonier oder die Mayakultur) ins Wanken, auch wenn ihr Verfahren vordergründig durch besondere Belichtung den ästhetischen Zauber erhöht. Sie klammert durch Maskieren mit reinem Schwarz, aus dem das Exponat herausleuchtet, die wirkliche Umgebung aus. Die Nacht, in der diese alten Artefakte im philosophischen Sinn bei aller Inszenierung versinken, steht auch für das gelöschte Wissen um ihre ursprüngliche Bedeutung. Ronacher überantwortet die Objekte einer speziellen Geschichtsschreibung, egal ob der einer Nation oder nur jener eines Museums: Sie sind zwar magisch, aber die schöne Dunkelheit ist auch Zeichen eines wesentlichen Verlusts.

Erotik und der Dinosaurier

Toni Schmale hat hier wie in der Secession ihre zwischen Sportgerät, Fetisch, Alltags- und Folterinstrument changierenden Objekte aufgebaut, die ohne Handlungsanweisung eine Menge diffuser Gefühle auslösen. Zur erotischen Spannung kommt die hohe Ästhetik durch ihren präzisen Umgang mit gebranntem Stahlrohr, Messing und Beton: Die abgegossenen Hände der Künstlerin halten verschieden heiß gebrannte Rohre und suggerieren, neben dem "kontaktgrill", auch die Spannweite ihrer Arme und damit ein fast körperliches Begehren im Quadrat nach Leonardos Idealmann.

Anne Speiers fantastische Dinosaurierbeine, mit einer die Wand leckenden Zunge kombiniert, sind ebenso überzeichnet, wie ihre Serie scheinbar fantastischer Bildfindungen zwischen verschiedenen Techniken: In ihnen verhandeln malerisches Finish, Siebdruck und andere Collagetechniken auch neue Mythen und Metaphern. Alte Tür- und Vasenmotive sprechen von aktuellem hierarchielosen Arbeiten, aber auch von erfundenen Konstellationen der Macht oder Ohnmacht für unsere Körper. Schrankenloses Museum oder Büro werden zu "Baustellen" heutiger, hysterisch überzeichneter Konstellationen.