Mit seinen 30 Jahren ist Lukas Meschik zwar nicht der jüngste Teilnehmer des diesjährigen Bachmann-Wettbewerbs, doch unter den Jungen ist er eindeutig der Erfahrenste: Vier Romane und einen Erzählband hat der Wiener bereits veröffentlicht, im Sommer erscheint mit "Vaterbuch" seine neue Prosa. Daraus stammt auch jener Textauszug, den er in Klagenfurt lesen wird.
Dass er ein Leben als Künstler führen will, wusste Meschik bereits sehr früh. "Mit 16, 17 Jahren hatte ich das Gefühl, dass mich etwas anderes nicht wirklich interessiert und wollte es einfach probieren", erzählt er im APA-Interview. So hat er sich damals bewusst gegen die Schule und für die Kunst entschieden. Mit 16 gründete er seine erste Band "Filou", mit 17 kam er unter die Finalisten des FM4-"Wortlaut"-Literaturwettbewerbs. So hat er auch seinen ersten Verleger kennengelernt. Nachdem bei Luftschacht die "Wortlaut"-Anthologie erschienen war, blieb Meschik mit dem Wiener Verlag in Kontakt, schickte immer wieder Texte, bis schließlich einer genommen wurde: 2009 - da war Lukas Meschik gerade einmal 20 Jahre alt - erschien "Jetzt die Sirenen", 2010 folgte der Erzählband "Anleitung zum Fest".
"Mache immer weiter"
Dass er trotz anfänglicher Absagen nicht aufgab, war für ihn klar: "Dadurch, dass ich keinen Plan B habe, ist es zwangsläufig so, dass ich immer weitermache." Und so folgte 2012 "Luzidin oder Die Stille" (Jung und Jung), 2017 wechselte er schließlich mit "Über Wasser" zu Limbus, wo ein Jahr später "Die Räume des Valentin Kemp" herauskam. Parallel arbeitete er immer auch an seiner Musik: "Es tut gut, dass die Musik etwas ist, was ich mit anderen mache. Sonst sitze ich ja immer allein zu Hause", lacht der Autor. Durch seinen Schulabbruch, die Tatsache, dass er nie studiert hat und das Fehlen eines Umfelds in einem fixen Job sei man doch recht viel allein. Auch künstlerisch braucht er Literatur und Musik: "Ich kann damit alles ausdrücken. In der Musik das, was in der Literatur nicht geht und umgekehrt. So ist alles abgedeckt und ich habe nicht das Gefühl, dass etwas in mir drinbleiben muss."
Doch auch beim Musikmachen will er die Kontrolle behalten. Nach drei Filou-Alben, die zwischen 2011 und 2016 erschienen, entschloss er sich, solo unter dem Namen "Moll" weiterzumachen: "Bei diesem Projekt ist klar, dass ich alle Songs allein schreibe. Für die Aufnahmen und die Konzerte habe ich dann Mit-Musiker. Das klingt diktatorisch, aber so ist es klarer, dass ich der 'Boss' bin", lacht Meschik. Auch in der Literatur ist ihm das Netzwerken eher zuwider. "Ich bin nicht der Mensch, der sich gerne zu anderen dazustellt, nur, weil es mir vielleicht nützen könnte". Auch sei er kein kompetitiver Mensch, Wettbewerbe behagen ihm nicht. Warum er sich dann trotzdem für den Bachmann-Preis beworben hat? Das hat mit dem Text zu tun. "Es ist ein sehr persönlicher Text, bei dem es auch um einen Vater geht, der aus Kärnten stammt. Es hat sich stimmig angefühlt, ihn einzureichen. Mit diesem Text schließt sich ein Kreis."
Also hat Meschik einen Auszug an alle Juroren geschickt, Stefan Gmünder wählte ihn schließlich aus. Für Meschik ein Zeichen, dass es auch ohne Netzwerke und Seilschaften geht, "das sieht man ja heuer auch in der Auswahl der anderen Texte. Da sind viele dabei, hinter denen kein großer Verlag steht." Angst vor seinem großen Auftritt und der darauf folgenden vielleicht sehr kritischen Diskussion hat Meschik nicht. "Den Text gibt es sowieso, den kann mir keiner mehr wegnehmen. Das Buch gibt es auch schon. Das allein ist schon mein Gewinn", zeigt er sich gelassen. Er ist also gar nicht auf der Suche nach einem großen Verlag, der nach der Teilnahme am Bachmann-Preis anbeißen könnte.
Zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn verdiente er sich ein Zubrot mit Gelegenheitsjobs, die jedoch nie etwas mit Schreiben zu tun hatten: "Die geistige, intellektuelle Arbeit soll immer mir gehören." Also hat er als Kinderbetreuer in einem privaten Haushalt ebenso gearbeitet wie als Crew-Mitglied bei der Messe Wien. "Ich finde das sehr gesund, weil das ist ja das echte Leben, das man da kennenlernt. Ich fände es dumm, wenn man sich für solche Jobs zu gut ist. Das birgt die Gefahr, dass man abgehoben wird." Mittlerweile kann er ganz vom Schreiben leben und hat so auch genug Zeit, selbst zu lesen. Wichtig sind für ihn etwa Thomas Bernhard und Peter Handke, darüber hinaus hat er auch viel für Ingeborg Bachmann übrig. Vor allem der Band "Das dreißigste Jahr" hat es ihm angetan. "Das passt gut, weil ich auch gerade 30 bin."(apa)