Wer ist da nun der Alien? 250 Jahre lang war die Menschheit - oder besser gesagt: der Rest von 20.000 Personen, der am Ende von ihr übrig geblieben ist - in einer riesigen Arche unterwegs, nachdem ein Schwarzes Loch die Erde verschlungen hat. Schließlich landen sie auf einem Trillionen Kilometer entfernten Planeten in einem fremden Sonnensystem, der von Wesen bewohnt wird, die erstaunlicherweise den Menschen physiognomisch gar nicht so unähnlich sind - Knorpel- statt Knochenskelett hin, Nasenlosigkeit und andere Organstruktur her.

Und da die Menschen vorhaben, den Planeten dauerhaft zu bewohnen, suchen sie Kontakt zu den Eingeborenen auf einem von ihnen Atlantis genannten Kontinent auf dem neu zu besiedelnden Planeten - was natürlich in einem Fiasko endet, weil ein fremder Stamm ein Massaker anrichtet. Aber erstaunlicherweise tun sich Menschen und Atlanter nach anfänglicher Skepsis zusammen und suchen gemeinsam die Ursache des Vorfalls. Denn vor allem der Ermittler Bryan Benson, der auf humaner Seite dafür abkommandiert wird, hat den Verdacht, dass da jemand ein falsches Spiel betreibt, zumal die Menschen den Ureinwohnern technologisch weit überlegen sind und einer ihrer vorgeschickten Rover als Gott angebetet wird. Gemeinsam mit dem atlantischen Wahrheitssucher Kexx und dem sehr übermütigen Krieger Kuul macht er sich mit einem Stoßtrupp auf die gefährliche Suche nach der Wahrheit.
Technische Möglichkeiten im Buch wirken gar nicht so fiktional
Wer historische Parallelen sucht, wird in der Fortsetzung von Patrick S. Tomlinsons "The Ark" oft fündig. Und der Autor, der in "Colony" eine Welt skizziert, an der "Trekkies" ihre helle Freude hätten, spart auch nicht mit philosophischen Betrachtungen, etwa was verschiedene Zugänge zu Religion, den Umgang mit Fremdem oder den Wert eines Lebens betrifft. Und vor allem die Frage, ob die alte Weisheit "Homo homini lupus" jemals überwunden werden kann oder Neid und Gewalt schlichtweg in der menschlichen DNA eingebrannt sind. Es ist aber auch ein wirklich spannendes Science-Fiction-Abenteuer, das aber zumindest hinsichtlich der technischen Möglichkeiten gar nicht so weit weg ist von der Gegenwart (zumindest in der Theorie). Und es wird auch viel gekämpft. Einzig die Sprache ist anfangs etwas mühsam. Kexx & Co kennen nämlich wenig überraschend kein männliches und weibliches Geschlecht, was sich vor allem in den Pronomen niederschlägt. Es dauert eine Weile, bis man erstens kapiert, dass etwa "sier" oder "siene" keine Tippfehler darstellen, und man zweitens halbwegs flüssig darüber hinweg lesen kann. Zumal manche Kreationen in der deutschen Übersetzung nicht so gut funktionieren wie im englischen Original. Aber über dieses Detail tröstet der Rest des Textes dien Lesin durchaus hinweg.
Patrick S. Tomlinson:
The Colony - Ein neuer Anfang
Knaur; 528 Seiten; 11,30 Euro