Nach der pandemiebedingten Pause im Vorjahr versammelt sich die Literaturbranche heuer wieder bei der Frankfurter Buchmesse. Von 20. bis 24. Oktober präsentieren sich rund 110 Aussteller aus Österreich. 35 davon sind mit einem eigenen Stand vertreten. Das Spektrum reicht von Bahoe Books über Jung und Jung bis zum Wieser Verlag. Am österreichischen Gemeinschaftsstand sind 21 Verlage vertreten, rund 60 Aussteller präsentieren sich am Stand der IG Autorinnen Autoren.

Dort werden diesmal aufgrund der Fülle von erschienenen Büchern "stärker als in anderen Jahren" vor allem aktuelle Titel von Verlagen präsentiert, die sonst nicht auf der Buchmesse vertreten sind. So werden "mehrere hundert Bücher" von rund 60 heimischen Verlagen vertreten sein, eine genaue Anzahl der präsentierten Bücher sei aufgrund der Corona-Sicherheitsvorkehrungen noch nicht abschätzbar, heißt es in der Ankündigung.

Am Stand wird auch der traditionelle Neuerscheinungskatalog der österreichischen Kunst-, Kultur- und Autorenverlage aufliegen, in dem 163 österreichische Verlage mit 1631 neu erschienenen Büchern und 1735 Backlist-Titeln 2020 vorgestellt werden sowie sämtliche literarische Neuerscheinungen (556) und Backlist-Titel 2020 (545) von österreichischen Autorinnen und Autoren in 212 deutschen und Schweizer Verlagen. Der heurige Katalog erschein erstmals vierfarbig. Das Plakatsujet nimmt unter dem Titel "Wiedererwacht" auf die Abwesenheit im Vorjahr Bezug und zeigt eine noch menschenleere Chillout Area. Mit dem Auftritt will man "nach der pandemiebedingt erzwungenen zweijährigen Absenz von Buchmessen mit einem größeren Auftritt denn je" ein Zeichen setzen, so die Ankündigung.

Auf der Radiobühne der IG Autorinnen Autoren stehen täglich von 13 Uhr bis 17 Uhr (Mittwoch ab 12.30 Uhr) hochkarätige Lesungen und Diskussionen auf dem Programm, die live von Literadio übertragen werden.

Der vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) und dem Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreichs (WKO) betriebene österreichische Gemeinschaftsstand befindet sich in Halle 3.

Kanadische Vielfalt

Ein Land mit vielen Identitäten - so präsentiert sich Kanada auf der Frankfurter Buchmesse. Der Ehrengast hat seinen Gastland-Auftritt unter das Motto "Singular Plurality" gestellt, einzigartige Vielfalt. Das fängt schon bei den Sprachen an: 60 Prozent der Kanadier sprechen Englisch, bei 22 Prozent ist die Muttersprache Französisch, dazu kommen 70 indigene Sprachen und die Sprachen vieler Einwanderer.

"In den letzten 20, 30 Jahren haben zahlreiche Menschen ihre literarische Stimme gefunden, die sie vorher nicht hatten", sagt Margaret Atwood, die wohl bekannteste Autorin Kanadas. Atwoods dystopischer Roman "Der Report der Magd" ist ein Dauer-Bestseller. Beim Eröffnungsfestakt der Buchmesse am 19. Oktober soll sie aus Kanada zugeschaltet werden.

Im Gastlandjahr wurde Atwoods "Survival" (Berlin Verlag) ins Deutsche übersetzt: ein Streifzug durch die kanadische Literatur, der in Atwoods Heimatland schon 1972 erschien. Ebenfalls in deutscher Erstübersetzung erscheinen ihr Kinderbuch "Drei drollige Dramen" (Dörlemann Verlag) und ein knappes Dutzend noch nie auf Deutsch erschienener Stories (Piper).

Ein Jahr Verzögerung

Mehr als 300 kanadische Titel lägen 2021 in frischer deutscher Übersetzung vor, berichtet das Organisatorenteam des Gastland-Auftritts um Jennifer-Ann Weir. Viele sind bereits 2020 erschienen, als Kanada eigentlich Ehrengast sein sollte. Doch dann kam die Pandemie und mit der Absage der physischen Buchmesse fiel auch die Ehrengastrolle aus. Die vorgesehenen Gastländer wurden um jeweils ein Jahr nach hinten geschoben und so hat Kanada 2021 erneut die Chance, sich zu zeigen.

In vielen Büchern aus Kanada spielt die Natur eine große Rolle: Kanada ist flächenmäßig das zweitgrößte Land der Welt, aber extrem dünn besiedelt: auf einen Quadratkilometer kommen statistisch vier Einwohner. In Christian Guay-Poliquins "Das Gewicht von Schnee" (Hoffmann und Campe) kämpfen zwei Männer in einem Schneesturm um ihr Leben, in Michael Crummeys "Die Unschuldigen" (Eichborn) müssen zwei Waisenkinder in der Wildnis überleben, in Michael Christies Familiensaga "Das Flüstern der Bäume" (Penguin) spielt der Wald in allen Generationen die Hauptrolle.

Indigene Autoren

Wer indigene Literatur entdecken will, wird zum Beispiel bei "Kukum" von Michel Jean (Wieser Verlag) fündig, der von einem Waisenmädchen erzählt, das seine Sprache und sein Nomadenleben wiederfindet. In dem postapokalyptischen Thriller "Mond des verharschten Schnees" von Waubgeshig Rice (Klaus Wagenbach) helfen indigene Traditionen einer Gemeinschaft beim Überleben. Naomi Fontaine erzählt in "Die kleine Schule der großen Hoffnung" (C. Bertelsmann) vom Schulalltag in einem Innu-Reservat.

Der Schmöker "Im letzten Licht des Herbstes" (Heyne) ist in Kanada ein Bestseller, das Buch von Mary Lawson ist für den Booker Prize 2021 nominiert. Es erzählt die Geschichte zweier Nachbarsfamilien. In einem Haus sorgt sich ein kleines Mädchen um seine verschwundene Schwester, das andere hat gerade ein Mann geerbt, der als Kind oft bei den Vorbesitzern zu Besuch war - ohne zu wissen, dass er damit Mittelpunkt eines Dramas wurde.

Die Literatur kanadischer Einwanderer spielt ebenfalls eine große Rolle. "Francis" von David Chariandy (Claassen) erzählt von zwei Brüdern aus Trinidad am von Armut und Kriminalität geprägten Stadtrand von Toronto. Anar Alis "Nacht der Bestimmung" (CulturBooks) begleitet eine Familie von Uganda nach Kanada. Einen weiteren Schwerpunkt bildet feministische Literatur, zum Beispiel "Ich, eine schlechte Mutter" von Marguerite Andersen (Secession Verlag) oder "Todsichere Rezepte für die moderne Hausfrau" von Karma Brown (Penguin).

Virtueller Pavillon

Auf der Buchmesse präsentiert sich Kanada im Gastland-Pavillon, lädt Besucher aber parallel auch in eine virtuelle Version dieses Pavillons ein. Die Gestaltung werde optisch die Landschaften Kanadas aufnehmen, verrät Kreativdirektor Gonzalo Soldi: Wellen und Berge werden zu Screens, auf denen Schriftsteller virtuell zu erleben sind, die nicht physisch anwesend sein können. Denn von den 60 Autorinnen und Autoren, die das Land in Frankfurt vertreten, kommen nur neun real auf die Messe. Die meisten Verlage aus Kanada präsentieren sich an zwei Gemeinschaftsständen: einer für französischsprachige, einer für englischsprachige Literatur. (apa / dpa)