Die Kirche müsse ihre Sexuallehre überdenken, hat jüngst der Münchner Erzbischof Reinhard Marx gefordert. In der Gesellschaft ist die Überzeugung, dass nicht nur heterosexuelle Paare die reine, wahre Liebe empfinden können, längst angekommen - auch wenn sie immer noch von manchen vehement bekämpft wird. In manchen Ländern droht gleichgeschlechtlichen Paaren sogar eine Haftstrafe oder noch Schlimmeres.
Martin Baltscheit, vielfach ausgezeichneter Bilderbuchgestalter, bricht deshalb eine Lanze für Toleranz und Diversität und zeigt in "L wie Liebe", was die alles sein kann, diese Liebe: Schließlich gibt es nicht nur die (sexuell konnotierte) Liebe zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, sondern auch Geschwisterliebe, Tierliebe, Omaliebe - und auch Eigenliebe, die nicht unbedingt mit Egoismus gleichzusetzen ist. Die liebevollen Zeichnungen stammen diesmal allerdings nicht von ihm, sondern er hat die Illustratorin Sandra Brandstätter mit ins Boot geholt und selbst die Texte verfasst.

Die beiden führen ihre kleinen Leser durch all die Facetten der Liebe - mit einem kunterbunten Wimmelbild am Schluss, in dem man all die zwischenmenschlichen Beziehungen noch einmal wiederfindet, die auf den vorangegangenen Seiten vorgestellt wurden. Allzu viel zu erklären - oder gar rechtzufertigen - versuchen die beiden nicht. Sie beschreiben zwar zum Beispiel die Lebensliebe zwischen zwei älteren Frauen, die Beziehung zweier Männer (die eine Leihmutter suchen oder ein Kind adoptieren wollen) oder gar eine Patchwork-Familie mit einem Vater, der selbst noch eine zweite Frau und auch noch einen Mann hat, bei der man leicht den Überblick verlieren kann. Aber Baltscheit und Brandstätter lassen die Kinder sich selbst ein Bild davon machen - in dem Wissen, dass die ohnehin viel offener sind als viele Erwachsene.