Grummel. Das ist einen Tag zu früh. Das weiß jeder Donaldist. Der Tag des Donaldismus fällt nun einmal auf den Freitag.

Die hohen Feiertage muss man aber vorbereiten, nicht wahr? Stöhn. Das macht man nicht von heute auf morgen. Also: heute vorbereiten, morgen kann der Donaldist dann in Ruhe feiern.

Ein Quatsch, diese Wissenschaft von Entenhausen und ihren Bewohnern? Weil das doch alles bloße Erfindungen sind, sprechende Enten, ein Erpel, der in Talern badet, drei Jungenten, um nicht zu sagen: Küken, Pfadfinder, Mitglieder des Fähnleins Fieselschweif, ausgestattet mit einem Handbuch, das, obwohl gerade einmal geschätzt 173 Seiten stark, mehr Wissen beinhaltet als Wikipedia und der letzte erschienene Brockhaus zusammen, dazu ein paar unsympathische Gesellen, die den geldbadenden Erpel um seine Taler bringen möchten und har-har-har lachen, wie es so Panzerknackerart ist, nicht zu vergessen die holde Weiblichkeit, Daisy, mit Mascherl in den Kopffedern und Schuhen, die nach einer Modeberatung schreien (andererseits: Wie sollen Schuhe für Entenwatschler schon aussehen) und so weiter und so fort?

Mokiere sich ja niemand über den Donaldismus! Der hat unbedingt wichtige Aufgaben. Als außenstehender Laie mag man da bestenfalls Anregungen zu geben.

Immerhin ist dieses Entenhausen eine Stadt, die eines genauen Hinsehens bedarf. Wo sonst etwa laufen die Einwohner mit bekleideten Oberkörpern, aber nackten Unterkörpern und erigiertem Bürzel durch die Gegend? Und das ohne jegliches Geschrei wegen sexualisierter Gesellschaft und so.

Im Gegenteil: diese Entenhausenerinnen und Entenhausener befleißigen sich einer dermaßen prüden Sexualmoral, dass man ernsthaft fürchten muss, es würden bald gar keine Eier mehr befruchtet.

Vertantet und veronkelt

Das spielt auch bei den Verwandtschaftsverhältnissen eine Rolle. Die Protagonistinnen und Protagonisten sind untereinander vertantet und veronkelt. Wo aber, bitteschön, sind Vater und Mutter von Tick, Trick und Track? Was führt dazu, dass die drei die ganze Zeit über bei ihrem Onkel leben, zumal der, bei aller Sympathie, nicht eben in stabilen Verhältnissen lebt.

Wovon der ewige Faulenzer und Pechvogel sein Häuschen mit Garten bezahlt, ist ein Rätsel, schließlich ist er, bestenfalls, Gelegenheitsarbeiter. Sollte er es von seinem Vater Degenhard Duck überschrieben bekommen haben? Ist es ein Erbe nach seinem Urgroßvater (väterlicherseits), Emelrich Erpel? Schließlich ist kaum anzunehmen, dass Onkel (räusper!) Dagobert ihm die notwendigen Taler dafür borgt oder gar schenkt, geizig wie der ist. Dann ist dieser Onkel Donald unverheiratet, seine On-Off-Beziehung mit Daisy gewährt jedenfalls gewiss kein häuslich gesichertes Umfeld für drei Küken.

Obendrein nehmen die drei Kleinen an höchst gefährlichen Expeditionen teil, auf denen sie sich, bei den diversen Schatzsuchen ihres Großonkels Dagobert, mit Azteken, Wikingern, Cowboys, Bären, Zwergindianern und Geistern herumschlagen müssen, was alles nur ein höchst bedingt kükengerechter Umgang sein dürfte.

Nicht zuletzt verdienen auch die Entenhausener Legislative und Judikative eine kritische Aufarbeitung. So gelingt es der Legislative nicht, den Umgang mit Sprengstoffen und Waffen bis hin zu Raketen in den Griff zu bekommen, während die Judikative gegenüber der Panzerknackerbande entweder wesentlich zu nachsichtig ist: Zwar werden die Panzerknacker regelmäßig zu Gefängnisstrafen verurteilt, befinden sich jedoch im Handumdrehen wieder auf freiem Fuß und können mehr oder weniger ungestört erneut versuchen, den monumentalen Geldspeicher Onkel Dagoberts aufzubrechen.

Eine Ente in Entstehung. - © getty images / 1936 Earl Theisen
Eine Ente in Entstehung. - © getty images / 1936 Earl Theisen

Im deutschen Sprachraum kann all diese brennenden Fragen die Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus (abgekürzt D.O.N.A.L.D) klären. Der Storch war der Entenerwecker: 1977 gründete der deutsche Meteorologe und Klimaforscher Hans von Storch in Hamburg D.O.N.A.L.D. Auf der Homepage dieser ehrwürdigen Forschungseinrichtung heißt es: "Erklärtes Ziel unserer Organisation sind Pflege und Förderung donaldistischen Sinn- und Gedankengutes und ihre Verbreitung in allen Bereichen unserer Gesellschaft."

Dabei wird unterschieden zwischen "Äußerem Donaldismus" (auch "Literarischer Donaldismus", der sich mit der Entstehung des Anaversums ("anas" bedeutet auf Latein "Ente") und Berichten darüber befasst. "Der Innere Donaldismus (auch: Historischer Donaldismus) bezieht seine Forschungsergebnisse aus den Szenarien der Duck-Geschichten, aus den inneren und äußeren Konflikten der Protagonisten und aus all den scheinbaren Ungereimtheiten des anaversen Ambientes", während der "Angewandte Donaldismus" in der "experimentellen Nachahmung" Donald Ducks besteht. Höhepunkt des Angewandten Donaldismus ist das "Mairennen", zu dem es auf der D.O.N.A.L.D.-Homepage heißt: "Es ist ein Festival der Unsportlichkeiten: Fahrzeug festnageln, Vorderachse durchsägen, Motor ausbauen, oder gar - besonders niederträchtig - dem Gegner Nudelbuchstaben in den Tank füllen. Bei Bedarf werden Wettkampfgegner auch persönlich verhext (,dreimal hex, hex, hex!‘)." Wobei sich das Mairennen als donaldistische Schnitzeljagd gestaltet.

Der Mensch als Ente

Zweimal jährlich gibt die Gesellschaft die Zeitschrift "Der Donaldist" heraus mit Beiträgen wie "Museen in Entenhausen" (November 2021), "Und der Mensch ist Ente geworden" (Juli 2021) oder "Entenhausen - eine marktradikale Plutokratie light" (August 2015). Im Zentrum des Interesses steht naturgemäß Carl Barks, der Zeichner, der Entenhausen zu Entenhausen machte, und die Übersetzerin Erika Fuchs, die den deutschsprachigen Donald-Ton schuf. Die Gesellschaft hat auch einen Stadtplan von Entenhausen erstellt, eine Sisyphos-Arbeit, da alle Eintragungen mit dem Vorkommen in Geschichten belegt sind. Der Plan ist längst ausverkauft.

Die Leitung der Gesellschaft aber ist ein wahrer Höhenflug des Feminismus. Leiterin ist nämlich immer eine Präsidente. Erpel sind mitgemeint. Als Macho kann man da nur sagen: "Kreisch!"