Eugen Banauchs Roman "Gratzen" erzählt die Geschichte der Pianistin Käthe Tümmler-Mannhoff und ihrer Familie. Eigentlich aus Wien stammend, lebt diese Dame mit ihrem Sohn während des Zweiten Weltkriegs in Gratzen (tschechisch: Nové Hrady). Der Roman spielt vor dem historischen Hintergrund der Kriegsgreuel und der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Böhmen nach 1945.

Allerdings ist Eugen Banauch kein Zeithistoriker, sondern ein Schriftsteller mit hohem künstlerischem Anspruch. Sein groß angelegter Roman ist nicht simpel erzählt, sondern komponiert wie ein Musikstück. Die Kapitel tragen als Überschriften Satzbezeichnungen wie "Lento" oder "Andante" , und im Verlauf des langen Textes entsteht ein polyphones Geflecht aus vielfältigen Stimmen und Stimmungen. In seiner formalen Finesse und seiner reich instrumentierten Sprache ist Banauch dem Vorbild Heimito von Doderers verpflichtet, dem er auch eine literaturwissenschaftliche Abhandlung gewidmet hat.

Wer dieses unzeitgemäße Erzählwerk und seinen Autor kennenlernen möchte, hat dazu am 12. November um 19.00 Uhr Gelegenheit: Dann liest Egon Banauch in der Buchhandlung Tiempo Nuevo, Taborstrasse 17A, 1020 Wien aus diesem Roman.

Eugen Banauch: Gratzen oder die Angst vor dem eigenen Keller. Roman. Bibliothek der Provinz, Weitra 2008, 573 Seiten, 30,- Euro.