Seit seiner ersten lyrischen Veröffentlichung, gemeinsam mit Nils Jensen, hat Hannes Vyoral in den vergangenen zwanzig Jahren viele Bücher publiziert. "Aus der Wildnis" ist sein neuntes Werk. Das Buch enthält zwei geschlossene Zyklen, "Waldviertel" und "Seewinkel", dazu eine Reihe abstrakter Tuschezeichnungen von Hans Kienesberger, deren Grundformat immer ein geschlossener Kreis ist.
In beiden Teilen des Buchs werden österreichische Landschaften beschrieben, die zu den entlegenen Gebieten des Landes zählen. Zwei Grenzregionen, wo der Beschleunigungswahn der modernen (EU-)Welt immer noch in kleineren Dosen auftritt.
Programmatisch beginnt das Buch mit dem Gedicht "Aus der Wildnis", das dem ersten Zyklus vorangestellt ist: "von hier aus schreibe ich dir / an den ofen gelehnt / auf dem kastanien platzen / von diesem fernen tisch / im rücken weißgekalkte wände / das ganze haus ist kalt / das wasser ist gefroren / ich wasche mich mit schnee / & trinke unverdünnten schnaps."
Das Programm, das hier an-klingt, heißt "einfache Umgebung" - eine alte, archaisch wirkende Behausung, aber nicht die Romantik des schick renovierten alten Bauernhauses für wohlhabende Städter. Betont wird die genaue Beschreibung ungemütlicher Umstände, die fast zelebrierte Wahrnehmung von Kälte, Schnee, Ofen, Kastanien und Schnaps. Vyoral ist ein genauer Beobachter von Naturvorgängen, die mit einem besonderen Kunstgriff dargestellt werden: lakonische Sprache, die präzis verwendet wird, dabei beiläufig, scheinbar kunstlos wirkt. Jedoch evozieren diese klaren Texte impressionistische Bilder, in denen Wetter, Jahreszeiten, Häuser, Objekte und Subjekte (der Dichter und seine Gefährten, die ab und zu erscheinen) die gleiche Bedeutung haben. Man kann auch hier von besonderem Understatement sprechen, von Verweigerung einer egozentrischen dichterischen Pose. Rustikale, erdige Zen-Luft weht durch diese Gedichte, die in ihrer präzisen Schlichtheit auf chinesische und japanische Dichtung hinweisen könnten.
Zwei Texte aus dem Jänner 2004 sind dem Föhn gewidmet, der im Waldviertel auch im Jänner auftreten kann. "Einmal am Tag / wirklich sehen" lauten zwei Zeilen eines Anfangszitats von Rainer Malkowski. Es geht ums In-der-Welt-Sein, abseits und entfernt von den Verwirrungen, dem ständigen Lärm der Großstadt.
"dorfrandweiden: föhn ist angesagt / er kommt am abend / rotes leuchten / lässt die kahlen äste glühn / der weiher atmet wieder / flach & langsam / und nach monaten / die endlos schienen / mischt sich wieder / erdgeruch zum kohlebrand".