
Es gibt Autoren, die sich vorzugsweise um ihre Vermarktung kümmern, und es gibt Lyriker. Letztere erkennt man etwa daran, dass sie den großen Spötter Archilochos kennen und Claude Garamond ein schriftliches Denkmal setzen. Richard Wall tut das nicht im Schweiße eines ideologisierten Angesichts, sondern in zeitaufwändiger Muße: "Gedichte schreiben ist absichtsloses Denken", teilt er dem Leser mit – und macht ihn auch darauf aufmerksam, dass die medial zerstreute Zwischenlektüre von Lyrik zu nichts führt. Wer Zerstreuung sucht, kann ja Zeitung lesen.
Für die gemächliche Lektüre – gibt es eigentlich schon die Bewegung des slow reading – wird man am Ende mit einem ungewöhnlichen und nachwirkenden Bild belohnt: "Ach die Tage ein Massengrab / An dessen Rand kauert der Tod / Dieses unsichtbare Stehaufmännchen".
Bis dahin wandert man durch Landschaften, die nicht sind, was sie scheinen. "Irgendetwas / zerlegt mir immer wieder // Vor meinen Augen / Die Welt", notiert Wall. Er nimmt die Herausforderung an, und wenn die Beschreibung an der Wirklichkeit scheitert, reflektiert er über die Grenzen des Schreibens: "Am Gaumen klebend / Vertrocknen die Worte, / Papier bleibt dürr und / Leer, während dein Blick die / Farblosen Bläschen begleitet".
Muße, es sei wiederholt, ist bei der Lektüre dieses Bandes angebracht. Gegen ein begleitendes Glas Wein hat der Autor sicher nichts einzuwenden.