Ein Drama, ein Dialog, ein Theaterstück, eine lyrische Abhandlung - verschiedenste Formen der Erzählweise hat der französische Autor Philippe Lechermeier für seine Neufassung der Bibel angewandt. zumindest im Alten Testament. Denn, so erklärt er selbst, mit dieser Vielfalt der Erzähltechniken, die für ihn auch die Vielfalt der tradierten Geschichten über das Volk Gottes widerspiegelt, will er "diesen Eindruck von verschwenderischer Fülle" vermitteln, den er selbst immer wieder beim Öffnen der Bibel empfunden hat. Im Neuen Testament wiederum hat er Stückwerke aus den einzelnen Evangelien zu einer einzigen flüssigen Geschichte zusammengegossen.

Ergänzt wird dieser neue Blick auf optischer Ebene durch die Illustrationen von Rébecca Dautremer. Die Französin legt dabei vor allem Wert darauf, die Emotionen der Akteure einzufangen. Mit den wilden Schlachten zum Beispiel kann sie deshalb nicht so viel anfangen wie mit der nicht weniger brutalen Geschichte von Kain und Abel. Denn einzelne Gesichter sind ihr wichtiger als große Szenen (was man eben bei besagtem Brüderpaar merkt).

Und die beiden versprechen wirklich nicht zu viel. Auch wenn manche Bilder sehr düster wirken und der Leser sich zum Beispiel fragt, warum Lechermeier den Engel Gabriel nicht als solchen bezeichnet, sondern als "Vogelmenschen", ist es ein sehr interessantes Buch geworden, das den einen oder anderen neuen Zugang zu dieser oder jener Geschichte eröffnen mag. Und beim Verlag Coppenrath hat es seinen Platz in der Rubrik "Geschenkbücher", aufgrund der aufwendigen Aufmachung völlig zu recht - allerdings bei den Erwachsenen und nicht bei den Kindern. Gleichwohl kann man ihnen vermutlich die meisten Geschichten zu lesen geben (und dann die eine oder andere Erklärung dazu liefern). Auch sie werden mit der mitunter sehr flapsigen pointierten Ausdrucksweise ihre Freude haben.

Philippe Lechermeier/Rébecca Dautremer: Die Bibel
Coppenrath Verlag; 384 Seiten; 45,20 Euro