
ORF-Journalist Christian Rathner sucht und findet die Wurzeln des griechisch-orthodoxen Metropoliten von Österreich, Arsenios Kardamakis, im Kloster Epanosifi auf Kreta, wo dieser lange Zeit Mönch war, bevor ihn sein Weg über Deutschland und Frankreich nach Wien führte.
Vor allem der zweite Teil des Buchs ist emotional fesselnd: Darin geht es um die wechselvolle Geschichte Kretas, das zahlreiche Fremdherrschaften erdulden musste, bis in die Zeit der nationalsozialistischen Besatzung, während der Kardamakis’ Großvater bei einer Massenerschießung durch Wehrmachtssoldaten ums Leben kam. Intensiv beleuchtet wird das Schaffen der beiden kretischen Gott- und Lichtsucher Nikos Kasantzakis und El Greco. Natürlich ist die griechische Orthodoxie ein zentrales Thema des Buchs, genauso wie die Bedeutung der Klöster als Bildungsinstitutionen und der Religion für die nationale Identität der Griechen. Auch werden die Auswirkungen der aktuellen Krise auf die Menschen in Griechenland geschildert, die hinter den Wirtschaftsdaten stehen (Thema von Rathners Buch "Durch die Krise kommt keiner allein" aus dem Jahr 2013).
Als Kernbotschaften nimmt Rathner den Wert von Gemeinschaft sowie die Fokussierung auf schlichte Bedürfnisse und ein einfaches Leben mit. Freiheit, Liebe und Geduld benötige es, will man Verbesserungen in der Welt erreichen - wobei man sich im Westen gerne selbst als deren Zentrum sieht, während man im Osten zuerst das Universum betrachtet und dann sich selbst als einen Teil darin. Der Glaube, so Arsenios Kardamakis, erleichtert es dabei, keine Angst zu haben.
Um Sinn im Leben zu finden, wäre das Leben für Inspiration zu öffnen und mit Träumen zu bereichern. Denn wie sagte schon Nikos Kasantzakis: "Welch wunderbare Welt dies ist. Trotz allem."
Sachbuch
Der Brunnen von Epanosifi - Wege zwischen Ost und West
Christian Rathner
Styria premium, 192 Seiten,
19,99 Euro