(ski) Navid Kermani, der dieser Tage den renommierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält, ist kein Christ, sondern ein muslimischer Intellektueller. Aber der Orientalist und deutsch-iranische Schriftsteller erweist sich in seinem neuen Buch "Ungläubiges Staunen" als hervorragender Kenner der Bibel und der christlichen Kunst, konkret der katholischen Bilderwelt, in die er, häufig von einem "katholischen Freund" begleitet, eintaucht.
Kermani lässt seinen Gedanken und Empfindungen beim Anblick zahlreicher solcher Werke freien Lauf. In Verbindung mit den dazugehörigen Geschichten aus der Bibel und der Hagiographie meditiert er über Erniedrigung und Kreuz, Liebe und Schönheit, Auferstehung und Verwandlung, Tod und Gott, dessen Darstellung im Islam undenkbar ist. Bemerkenswert ist Kermanis Satz: "Wenn der Größte Meister des Sufismus behauptet, dass die Anschauung Gottes in der Frau die vollkommenste sei, geben ihm die Bilder der Christen recht."
Während viele große Meister nur mit einem Bild vorkommen, geht Kermani auf eine ganze Reihe von Caravaggio-Gemälden ein, die es ihm offenbar besonders angetan haben, etwa die Opferung Isaaks, die Kreuzigung Petri oder der ungläubige Thomas, eine Darstellung, die dem Buchtitel entspricht und ihn bestätigt.
Neben den Bildbetrachtungen haben auch Besuche bei Christen in Syrien, im Kosovo oder im Iran Platz. Wenn er etwas an den Christen bewundere, so Kermani, sei es nicht die Kunst, sondern "die spezifisch christliche Liebe, insofern sie sich nicht nur auf den Nächsten bezieht".
Sachbuch
Ungläubiges Staunen.
Über das Christentum.
Navid Kermani
C.H. Beck, 304 Seiten, 25,70 Euro