
"Einen letzten Polt schreib ich noch", hat Alfred Komarek im Mai 2014 versprochen. Und irgendwie liest sich "Alt, aber Polt" tatsächlich wie eine Art Abschlussarbeit. Denn Komarek rollt noch einmal das Wiesbachtal und seine Bewohner in voller Größe vor seinen Lesern aus. Ausgangspunkt der Geschichte ist der Tod einer jungen Frau aus bester Familie unter dubiosen Umständen. Und Simon Polt, nun wirklich alt geworden ("Er hatte den Siebziger vor Augen", formuliert es Komarek) und längst in der Greißlerei der mittlerweile verstorbenen Aloisia Habesam etabliert, muss noch einmal ermitteln. Und zwar gar nicht so sehr, weil es ihn selbst reizt, sondern weil ihn der Breitenfelder Polizeichef höchstpersönlich um seine Mitarbeit bittet. Also wird Polt, der ja die Uniform schon vor weit mehr als einem Jahrzehnt ausgezogen hat, ein weiteres Mal zum Privatermittler.
Als solcher wird er unter anderem von zwei Ortsneulingen aufgesucht: Eine gealterte Schauspielerin, die ein bisschen mehr Kultur ins Wiesbachtal bringen will, und ein später Rückkehrer, der nach einem Ausflug in die weite Welt nun in der alten Heimat auf alte Weinsorten setzt, schütten Polt ihr Herz aus, weil sie beide ihren Anteil am tragischen Tod der Winzertochter zu haben meinen. Und Polt wird - nicht nur von den beiden - regelrecht zugeredet. Aber er hat ja Zeit, der Polt. Und so baut sich nach und nach, schwerfällig wie die Zunge vom Veltliner und beschaulich wie der Wiesbach, die ganze Geschichte vor dem Leser auf. Wobei es freilich unter der Oberfläche gewaltig brodelt, sowohl bei der jungen Dorfgang als auch beim alten Kameradschaftsbund. Und mittendrin Polt, der Ex-Gendarm, der irgendwie gesellschaftlich zwischen allen Stühlen sitzt. Was einmal mehr auffällt: Komarek setzt die Sprache ganz bewusst ein: Grundsätzlich reden seine Figuren Mundart, aber jene, die sich in überregionalen Kreisen bewegen, pflegen eine fast schon affektierte Ausdrucksweise.
Und ja, am Ende klärt der Polt den Fall natürlich auf. Und - auch das keine Überraschung - Motiv und Tathergang sind wieder einmal denkbar banal. Wie man es sich halt vom Wiesbachtal erwarten darf - oder auch muss. Trotzdem sind die 184 Seiten spannend zu lesen. Weil der Polt halt einfach der Polt ist.
Alfred Komarek
Alt, aber Polt
Krimi. Haymon, Innsbruck 2015, 184 Seiten, 19,90 Euro.