
"Das kommt heraus, wenn ich versuche, etwas Lustiges zu schreiben", meint Cordula Simon bei der Lesung aus ihrem neuen Roman, "Wie man schlafen soll". Das ist ihr, um es gleich vorwegzunehmen, nicht wirklich gelungen. Denn dieser dritte Roman der Autorin ist eine Dystopie, die ihre beängstigende Wirkung daraus zieht, dass das Szenario unserer Welt viel näher ist, als der von klassischer Science Fiction, bei der man sich zumindest mit dem Argument des Irrealen trösten kann. Simons Roman spielt ebenfalls in einer nicht näher definierten Zukunft, jedoch mit zahlreichen Anleihen aus dem Hier und Jetzt. Aus jeder Ecke blitzt das Leben wie man es kennt hervor, um dem Leser auf diesem Weg zu sagen: "So weit ist das nicht hergeholt".
Schreiber, Haye und Koslov sind die drei Protagonisten, die sich in der künstlich geschaffenen Stadt Lightraff Wohnung und Bett teilen. Jeder hat die Wohnung acht Stunden zur Verfügung, dann gibt man die Türklinke dem nächsten in die Hand. Aber Lightraff ist nicht nur Wohnsitz, sondern auch Arbeitgeber und Überwachungsorgan. Zentrales Verbindungsteil ist die Lightraff-Card, die den Bewohnern Zugang zu allen Einrichtungen der Stadt verschafft und gleichzeitig als Kontokarte dient. Wird man gekündigt, verliert die Karte unmittelbar ihre Gültigkeit - und der Besitzer damit eigentlich alles. Der Roman setzt nun genau zu dem Zeitpunkt ein, als in Lightraff alles den Bach hinuntergeht und das perfekt konstruierte System zu zerbröseln beginnt. So kommt es, dass die drei Hauptfiguren, die einander nicht kennen und aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammen, erstmals aufeinander treffen.
Bekannterweise erschöpft sich das Gesprächspotenzial zwischen Menschen aus verschiedenen sozialen Kontexten schnell, aber nicht nur das: das Ganze kann auch eskalieren. Der humorvolle Erzählton verleiht diesem raffiniert konstruierten Roman zusätzlich eine Zartbitternote. Empfehlenswert für Anhänger von dezentem Zukunftspessimismus.