Klagenfurt. Tanja Maljartschuk ist heute, Sonntag, Vormittag im ORF-Theater Klagenfurt mit dem 42. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden. Die in Wien lebende Ukrainerin siegte im Stechen bei der öffentlichen Jury-Abstimmung gegen Bov Bjerg und Raphaela Edelbauer.

Nur wenig Zeit hatte die frisch gebackene Bachmann-Preisträgerin Tanja Maljartschuk am Sonntagmittag für ein erstes Siegerinnen-Interview. Zwischen Preisverleihung und Fotocall war sie kaum in der Lage, die Situation zu realisieren, geschweige denn zu genießen. Der APA beantwortete Sie dennoch ein paar Fragen.

APA: Frau Maljartschuk, als wir einander vor dem Wettlesen in Wien trafen, haben Sie cool gesagt, Sie fahren nach Klagenfurt, um zu genießen und zu gewinnen. Jetzt ist beides eingetreten. Cool wirken Sie allerdings nicht mehr...

Tanja Maljartschuk (lacht): Sehen Sie, ich prophezeie manche Sachen. Aber in Wirklichkeit habe ich nicht damit gerechnet. Überhaupt nicht. Ich bin richtig geschockt. Ich kann kaum etwas sagen. Es ist für mich neu, in diesem Zustand zu sein: "Bachmann-Preisträgerin".

Das heißt, der Titel jenes Romans, mit dem Sie hierzulande bekannt wurden, "Biografie eines zufälligen Wunders", trifft auch auf den heutigen Tag zu?

Maljartschuk: Ja, es ist ein Wunder. Ich verstehe nicht und weiß nicht, warum mich diese Welt so liebt. Das ist eine große Verantwortung. Vielleicht muss ich noch etwas Wichtiges in meinem Leben machen.

Wir haben Sie erlebt, wie hier mit Texten umgegangen wurde? Haben Sie sich verstanden gefühlt von der Jury?

Maljartschuk: Die Juroren haben den Text gelobt, nicht? Ich dachte mir: Es ist sehr gut, dass ich erst vor sieben Jahren angefangen habe, die deutsche Sprache zu lernen, denn dann verstehe ich vielleicht nicht alles, wenn sie meinen Text kritisieren. Aber sie haben ihn nicht kritisiert, soweit ich verstanden habe. Sie haben auch gesagt, dass es nicht viel zu sagen gibt über den Text. Ich glaube, das war das höchste Lob.

Wie geht es bei Ihnen persönlich weiter?

Maljartschuk: Ich weiß es nicht. Es ist alles durcheinander. Was heute passiert ist, ist schon sehr viel.

Nach dem mit 25.000 Euro dotierten und nach der in Klagenfurt geborenen Autorin Ingeborg Bachmann (1926-1973) benannten Hauptpreis, der im Vorjahr an den Steirer Ferdinand Schmalz gegangen war, werden nun die übrigen drei Jury-Preise vergeben. Anwärter dafür sind Bov Bjerg, Ally Klein, Özlem Özgül Dündar, Raphaela Edelbauer, Anna Stern und Joshua Groß, die alle ebenso auf die Shortlist gesetzt wurden. Dazu kommt ein per Internet-Stimmenabgabe ermittelter Publikumspreis.

Der Deutsche Bov Bjerg wurde heute bei den 42. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt mit dem mit 12.500 Euro dotierten Deutschlandfunk-Preis ausgezeichnet. Der Kelag-Preis (10.000 Euro) ging nach einigen Stichwahlen gegen Joshua Groß und Anna Stern an Özlem Özgül Dündar. Anna Stern gewann nach weiteren Stechen den 3sat-Preis (7.500 Euro).

Die Wienerin Raphaela Edelbauer gewann den per Internet-Voting ermittelten BKS-Bank-Publikumspreis in der Höhe von 7.000 Euro und das damit verbundene und mit 5.000 Euro dotierte Klagenfurter Stadtschreiberstipendium.

Sieben Autorinnen und sieben Autoren stellten sich beim Literaturwettbewerb einer siebenköpfigen Jury unter dem Vorsitz von Hubert Winkels. Im Vorjahr war der Bachmann-Preis an den Steirer Ferdinand Schmalz gegangen.

Kurzbiographie:

Tanja Maljartschuk (UA): Die seit 2011 in Wien lebende Autorin, die seit 2014 in deutscher Sprache schreibt, wurde 1983 in Iwano-Frankiwsk in der Ukraine geboren. Sie studierte Ukrainische Philologie an der Prykarpattia National Universität und arbeitete einige Jahre als Fernsehjournalistin in Kiew. Im deutschsprachigen Raum wurde sie durch ihren im Residenz Verlag in deutscher Übersetzung erschienenen Roman "Biografie eines zufälligen Wunders" bekannt, der fast ausschließlich in einer fiktiven ukrainischen Kleinstadt namens San Francisco spielt und satirischen Humor, triste Ostblockrealität und Fantastisches gekonnt vermischt. 2019 wird bei Kiepenheuer & Witsch ihr Roman "Vergessenheit" in deutscher Übersetzung herauskommen, der 2016 Buch des Jahres von BBC-Ukraine wurde. In Klagenfurt liest sie auf Einladung von Stefan Gmünder und gibt in ihrem Video darüber Auskunft, "wie ich eine Geschichte koche": "Wichtig ist, dass alle Zutaten frisch sind."