...und der hat dann nur ein Vierteltelefon gehabt.

Ja, genau. Wenn man das in Deutschland erzählt, erntet man Lachanfälle. Aber ich hab heute noch das Geräusch im Ohr.

Geht uns da heute etwas ab?

Manchmal denk ich mir, was den Menschen heute abgeht, ist diese ausgeprägte Langeweile, die man als Kind erlebt hat. Sommerferien, in denen man nicht wusste, was man tun soll. Die Kinder haben so viel Programm. Dieses Eingeteiltsein in der Kindheit ist sicher ein völlig anderes Aufwachsen, weil man schon in einem Effizienzprogramm drinsteckt. Ich war zum Beispiel in keinem Kindergarten, ich wurde auch spät eingeschult, die ersten sieben Jahre meines Lebens war ich Wildwuchs, das gibt es heute nicht mehr.

Sie empfinden Langeweile also als etwas Positives?

Ich habe viele ausgedehnte Strecken an Langeweile erlebt, einerseits die Dorfjugend, dann meine Zeit im Internat und jetzt als Schriftsteller. Ich habe ja so gut wie keine Verpflichtungen, ich habe jede Menge Zeit, mir einen Blödsinn auszudenken. Ich schreibe vier Jahre an so einem dünnen Buch (lacht). Ich finde, das ist die einzige Möglichkeit für einen künstlerischen Beruf, weil man so aus dem Funktionieren herauskommt.

Einen Tankwart gibt es auch (fast) nicht mehr. Heute muss man alles selber machen, von der Bank bis zur Supermarktkassa.

Was auch zu einer großen Vereinsamung führt, weil immer sitzt man nur daheim und gibt was in den Computer ein. Speziell auf der Tankstelle haben die Vorteile eindeutig überwogen, weil man stinkt ja immer, wenn man irgendwas dort berührt, und kriegt’s den ganzen Tag nicht mehr los. Der Tankwart hat das alles auf sich genommen. Das ist eigentlich meine Haupterinnerung: Die Hände waren wirklich schwarz am Abend. Das habe ich aber als beglückend empfunden, weil es dafür gestanden ist, dass man nicht nur dieses brave Kind ist, dass man doch auch wilde Seiten hat. Tankstelle und Auto waren überhaupt vollkommen positiv besetzt, heutzutage ist ja ein Auto das Letzte und man schämt sich dafür, wenn man eines hat. Aber in den 70ern hat jeder Heranwachsende nur auf den Moment hingefiebert, wo er endlich einen Führerschein hat. Das war ein Freiheitssymbol.

Der Tankstellenchef in Ihrem Buch hat eine eigene Haltung entwickelt, wie er mit der Zigarette im Mund "vorsichtig" den Tankdeckel öffnet. Sagen wir, es war auch eine noch nicht so überregulierte Zeit...

Ja und überhaupt, dass ich da mit zwölf schon arbeiten durfte. Ich war fast immer allein auf der Tankstelle. Das ist ja nicht ungefährlich, aber das war mir nicht bewusst.

Es war auch sonst eine unkompliziertere Zeit. Da gab es eine Energiekrise, dann hat man einen autofreien Tag eingeführt und gut war’s.