
Allein schon der Untertitel von Harald W. Vetters neuem Sammelband gibt Stoff zum Nachdenken: "Kalendergeschichten für keine Jahreszeit" - und genauso sollte man auch besagte Geschichten nicht kritisch hinterfragen, sondern einfach lesen und wirken lassen. Es sind 58 anekdotische Kurzerzählungen, die genauso kraus sind wie die Schwarz-Weiß-Illustrationen, die der Autor als Untermalung angefertigt hat. Der studierte Ethnologe, Kunsthistoriker und Germanist, der als gebürtiger Grazer inzwischen ein halber Wiener ist, führt seine Leser in Welten, von denen man sich nicht sicher ist, ob sie ganz, halb oder gar nicht fiktiv sind. Ob die geschilderten Ereignisse vielleicht doch so passiert sind oder einfach nur gut erfunden.
Unterhaltsam sind sie allemal auf ihre Weise, allzu Spektakuläres darf man jedoch nicht erwarten. Vielmehr sind die kurzen Anekdoten aus dem Leben, die von urigen Traditionen, schrulligen Verwandten, aber auch ganz alltäglichen Situationen handeln, eher still und unaufgeregt. Manche Pointe erschließt sich erst im zweiten Anlauf, andere sucht man überhaupt vergeblich, bis man draufkommt: Das war jetzt gerade einfach etwas, was Vetter erzählen wollte, weil es ihn beschäftigt hat. Was der Leser dann damit anfängt ist dessen Sache. Manches regt aber durchaus zum Nachdenken an. Vielleicht begegnet man den Mitmenschen das nächste Mal dann ein bisschen anders . . .
Harald W. Vetter: Der metaphysische Taschenspieler
Edition Weinviertel; 159 Seiten; 17,50 Euro