Wien. Am 18. Mai 2018 gab Taylor Swift ein spektakuläres Konzert im Rose Bowl. Das altehrwürdige Stadion in Pasadena im Los Angeles County, das fünfmal Austragungsort des Super Bowl war, verwandelte sich in ein buntes Farbenmeer. Den Fans entging jedoch ein wesentliches Detail: Auf dem Konzert wurde heimlich eine Technik zur Gesichtserkennung eingesetzt. Wie das Magazin "Rolling Stone" unter Berufung auf einen vor Ort anwesenden Sicherheitsexperten berichtete, war in einem Bildschirm eine versteckte Kamera installiert, die Fotos von Konzertbesuchern machte. Die Bilder wurde an eine Kommandozentrale in Nashville weitergeleitet, wo sie mit einer Datenbank abgeglichen wurden, in der hunderte Stalker erfasst waren, die der Sängerin in der Vergangenheit nachgestellt haben. Das Portal "Gizmodo" zitierte einen Sprecher des Herstellers, wonach die Bildschirme an Eingangspunkten zum Konzertgelände postiert wurden und "Individuen, die auf Grundlage existierender Informationen ein Sicherheitsrisiko darstellen, identifizieren" sollten.

Nicht nur in Pasadena, auch bei anderen Konzerten wurden laut einem Bericht des "Guardian" sogenannte "Selfie-Stationen" auf dem Gelände postiert, wo Fans Proben der Sängerin anschauen und Selfies mit dem virtuellen Star aufnehmen konnten. Doch während sie die Videos anschauten, wurden ihre Gesichter von einer Kamera gescannt. In China, wo ein Netzwerk von 170 Millionen Kameras die Bürger auf Schritt und Tritt überwacht, wurde ein flüchtiger Straftäter bei einem Konzert aus einer Menge von 60.000 Zuschauern von einer intelligenten Videoüberwachung identifiziert. Danach wurde er von der Polizei verhaftet.

Gesichtserkennung war, wie auch das Internet oder GPS, ursprünglich eine Militärtechnologie. So wurde etwa der Terrorführer Osama bin Laden auf hochauflösenden Satellitenbildern per Gesichtserkennung "gespottet", als er sich in seinem Versteck in Abbottabad in Pakistan im Freien bewegte (dort wurde er später von US-Spezialkräften eliminiert).

Vom Militär zum Konsument

Beim Super Bowl 2002 setzten die US-Sicherheitsbehörden erstmals eine Gesichtserkennung ein, um Kriminelle zu identifizieren. Doch erst mit dem Siegeszug sozialer Netzwerke und Smartphones ist die Technik in den Alltag überführt worden. Facebook war eines der ersten Unternehmen, das Gesichtserkennung systematisch einsetzte, um Freunde und Bekannte auf hochgeladenen Fotos zu identifizieren. Mittlerweile ist die Überwachungstechnologie tief in den Konsum eingewoben. Das iPhone X lässt sich per Gesichtsscan entsperren. Airlines wie KLM und Lufthansa testen biometrische Boarding-Gates, wo das Gesicht Bordkarte und Pass ersetzen soll. Und in einer Filiale der Fast-Food-Kette KFC in China können Kunden ihren Burger per Gesichtserkennung bezahlen. Smile to pay, lächele um zu bezahlen, nennt sich die Technologie des Finanzdienstleisters Alipay.