Vor wenigen Tagen wurde in Berlin ein Mercedes-Transporter gestohlen. Was der Dieb nicht ahnte: Das Fahrzeug war mit einem GPS-System ausgestattet, das den Livestandort an den Besitzer meldete, der umgehend die Polizei verständigte. Die Einsatzkräfte konnten das Signal des gestohlenen Fahrzeugs auf der Bundesautobahn 113 orten. Wenig später erfolgte der Zugriff. Der Täter kam nicht weit.
In der Vergangenheit konnten immer wieder Fahrzeugdiebe mithilfe von Satellitendaten gefasst werden. So konnte die ungarische Polizei im September einen Transporter stoppen, in dem zwei entwendete Quads aus Eppingen mitgeführt wurden. In Mecklenburg-Vorpommern konnte die Wasserschutzpolizei sogar einen Motorboot-Dieb dank GPS-Signal überführen. Auf dem Markt gibt es immer mehr Anbieter für GPS-Tracker, mit denen sich entwendete Autos, Fahrräder oder Pakete orten lassen. Auch verloren gegangene oder gestohlene Smartphones lassen sich bei aktivierten Ortungsdiensten aufspüren. Seitdem GPS, das ursprünglich eine Militärtechnologie war, 1993 zur zivilen Nutzung freigegeben wurde, hat sich die Kriminaltechnik der Personenverfolgung demokratisiert. Jeder ist ein Ermittler.
Das kann zuweilen lebensrettend sein: So wurde Anfang des Jahres in den USA eine entführte Frau mithilfe ihres Smartphones gefunden. Die 23-Jährige war nach einem Besuch in einer Bar in Boston spurlos verschwunden. Nachdem ihre Schwester über die App "Mein iPhone suchen" den Standort ermitteln konnte, konnte die Polizei die Frau bei ihrem mutmaßlichen Kidnapper auffinden.
Die Tracking-Funktion führt zuweilen aber auch zu Selbstjustiz: So hat ein Bauarbeiter aus San Diego, dessen iPhone auf einem Reggae-Konzert gestohlen worden war, eigenmächtig die Verfolgung aufgenommen und den Dieb mit Pfefferspray zur Strecke gebracht. Fatal endete eine Verfolgungsjagd in einem Fall in Lambertville im US-Bundesstaat New Jersey: Da streckte ein 52-Jähriger einen Passanten nieder, weil er glaubte, dieser habe sein iPhone gestohlen. Dabei hatte er bloß sein Handy im Bistro des Baseball-Platzes liegen lassen. Pech für das Opfer: Es hatte dieselben GPS-Koordinaten wie der letzte Standort des iPhones.
Fahrrad als Lockvogel
Die Polizei setzt derweil mit Peilsendern präparierte Geräte gezielt als Lockvögel ein, um Dieben auf die Schliche zu kommen. So hat die US-Polizei mit GPS-Sendern ausgestattete Fake-Pakete von Amazon vor Haustüren postiert, um Tätern auf die Schliche zu kommen. Mit Erfolg: Keine drei Minuten dauerte es, bis ein Täter ein Paket mitnahm. Auch die Berliner Polizei bedient sich dieser Taktik: Die Beamten haben ein Fahrrad mit einem GPS-System versehen, mit dem die Diebe zurückverfolgt werden kann. Bemerkenswert: Das präparierte Rad wurde in dem Testversuch gleich vier Mal gestohlen.
Auch Kriminelle machen sich die Technik zunutze. So hat eine Bande in Parkhäusern britischer Flughäfen GPS-Tracker an Luxuslimousinen installiert, um diese nach der Rückkehr ihrer Besitzer mit duplizierten Schlüsseln zu stehlen. Gewiefte Autodiebe setzen seit geraumer Zeit sogenannte Jammer ein, die GPS-Signale stören und die Ortung des Fahrzeugs erschweren. Diese Störsender, die man in den Zigarettenanzünder eines Autos steckt, sind nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil sie die Strafverfolgung vereiteln, sondern weil sie die GPS-basierte Navigation von Flugzeugen und Lastwägen im Umkreis von 500 Metern blockieren. Ein US-Kraftfahrer, der ein solches Gerät in seinem Truck installiert hatte, weil er vom Chef nicht getrackt werden wollte, hat den Flugverkehr am Flughafen Newark gestört - er bekam von der Kommunikationsbehörde FCC eine Geldstrafe von 32.000 Dollar aufgebrummt. Der Fahrer flog auf, nachdem er sein Fahrzeug nahe der Bodenstation geparkt hatte. Die Luftfahrtaufsicht registrierte in dem Frequenzbereich Jamming-Aktivitäten. Mittels Triangulation gelang es, die Störquelle zu finden. Der Fall zeigt eindrucksvoll: Selbst Spurenvermeidung hinterlässt Spuren.
Die Männer, die im vergangenen Jahr bei der IT-Firma Roambee im Silicon Valley einbrachen, versuchten dagegen erst gar nicht, Spuren zu vermeiden: Sie hinterließen nicht nur eine Bierflasche mit Fingerabdrücken und ein blutgetränktes Taschentuch, sondern steckten auch noch GPS-Tracker in ihre Taschen, die sie fälschlicherweise für Handyladegeräte hielten. Nachdem Mitarbeiter den Einbruch bemerkten, aktivierten sie den "stealth mode", der verhindert, dass die Geräte blinken, und veränderten die Signalfrequenz, sodass die Tracker minütlich ihren Standort funkten. Es dauerte nur wenige Stunden, bis die Polizei das Versteck aufspürte. In der Lagerhalle fanden die Ermittler auch noch Diebesgut aus zahlreichen weiteren Einbrüchen. Die GPS-Geräte, die eigentlich Bananenlieferungen verfolgen sollten, hatten die Diebe verraten.