Irgendwo im Herzen des ruralen Ohio in den USA liegt unter der Erde der größte Partikelbeschleuniger der Welt, genannt der Loop. Seine Aufgabe: die Mysterien des Universums zu entschlüsseln und zu erforschen. Die Konsequenz: befremdlich-übernatürliche Welten, die sich vor den Augen der Bevölkerung entfalten. Sagenhafte Ereignisse, die einen nach dem Sinn und dem Selbst suchen lassen. Denn im Endeffekt ist der Mensch noch immer eines der größten Mysterien, das entschlüsselt werden muss.

Die Anthologieserie "Tales from the Loop", die kürzlich auf Amazon Prime gestartet ist, basiert auf den Büchern des schwedischen Schriftstellers und Künstlers Simon Stålenhag. Dieser hatte 2013 mit seinen Gemälden von alternativen, fantastischen Welten im Look der 1980er und 90er Jahre von sich reden gemacht. Inspiriert von den Eindrücken seiner Jugend schuf er eine Realität, in der Fantasiegebilde von veralteter und futuristischer Technologie, seltsame Kreaturen und Roboter sowie Dinosaurier den Alltag prägen. Der Reiz seiner Bilder ergibt sich aus ihrer nostalgischen Vertrautheit trotz ihrer Fremdartigkeit.

Sanfte Science-Fiction

In der Buchvorlage liegt der Loop auf den schwedischen Malären Inseln unweit von Stockholm. Die TV-Serie verlegt die Handlung ins ländliche Mercer County im US-Bundesstaat Ohio. Der narrative Faden der Bücher bleibt jedoch erhalten. "Tales from the Loop" erzählt zumeist die Geschichten von Jugendlichen, die umgeben von seltsamen Maschinen und fremdartigen Wesen aufwachsen und durch eigenwillige Begebenheiten zu Persönlichkeiten heranreifen.

Die Science-Fiction steht dabei nie im Zentrum der Handlung. Ungleich der typischen Konstellation "Übernatürliche Vorkommnisse in einer Kleinstadt" geht es nie um Hard-Science-Fiction-Themen wie technische Fakten, wissenschaftliche Aspekte sowie deren Bedrohungen. Die Mysterien sind in der Handlung eingebettet, sie dienen vielmehr dazu, Figuren zu charakterisieren und Emotionen darzustellen. Verantwortung, Ethik, Selbstfindung und Verlust werden thematisiert und abgehandelt.

Da wäre zum Beispiel Loretta (Rebecca Hall), die durch einen Zeitsprung ihrem jüngeren Ich begegnet. Ihre Mutter ist gerade durch ein Experiment am Loop spurlos verschwunden. Beim Versuch, diese zu finden und wieder nach Hause zu kommen, lernt die junge Loretta, dass von der Familie verlassen zu werden nicht bedeutet, dass man sein Leben lang allein sein muss.

Lorettas Sohn Cole (Duncan Joiner) macht seine eigenen Erfahrungen mit Verlust, als sein Großvater Russ (Jonathan Pryce) unheilbar erkrankt. Eine Rettung mithilfe der Kräfte des Loops, erklären die Eltern, wäre nicht möglich. Manche Dinge im Leben sind nun einmal unumgänglich.

Verlust kann aber auch befreiend sein. Der Loop-Security-Guard Gaddis (Ato Essandoh), der sich in das Bild eines ihm fremden Mannes verliebt hat, muss lernen, sich von seinen Erwartungen zu trennen. Als er in eine Parallelwelt geworfen wird und sein Spiegel-Ich seinen Angebeteten trifft, wird er mit den Gegensätzen von Idealisierung und Realität konfrontiert.

Stolpernde Gemeinschaft

Im Hintergrund der acht Episoden und ihrer verschiedenen Protagonisten steht stets diese durch Zeitperioden und Universen stolpernde Gemeinschaft. Horden an Menschen, die sich in einem absonderlich wirkenden Plattenbau schieben, unter dem der klinisch sterile Kern des Loops liegt. Riesige Roboter, die sich in den Wäldern verstecken. Ufo-ähnliche Kapseln, die verstreut in der Landschaft liegen. Leuchtende Kühltürme des Loops, die sich wie Monolithe aus dem Erdreich erheben. Schwebende Traktoren in den Feldern.

"Tales from the Loop" schafft es gekonnt, den Zuschauer auf fast melancholische Weise in diese mystische Welt hineinzuziehen. Das Zusammenspiel von nostalgiegeprägter Technologie und fantastischen Elementen entwickelt einen starken Sog, dessen Effekt rein von dem Tempo der Serie etwas gedrosselt wird. Der Erzählstil verlangt Geduld, nicht alles ist sofort verständlich oder wird erklärt.

Manchmal hält sich das Phantasma des Loops auch zu sehr im Hintergrund, die jeweilige Episode beginnt sich daraufhin zu ziehen. Das alles macht "Tales from the Loop" nicht zu einer schlechten Serie, verlangt aber vom Zuschauer, sich manchmal in Bezug auf die Handlung mit Minimalismus zufriedenzugeben. Letztendlich ist der Kern der Geschichte eine humanistische Angelegenheit. Wie fügen wir uns als Mensch in unser Umfeld ein? Es ist eine Suche nach Sinn und Bedeutung. Der Loop verdeutlicht dieses Mysterium unseres Selbst und unseres Miteinanders mit ein bisschen Sci-Fi zum Drüberstreuen.