Gerti Rindler-Schantl (links) und Devi Saha von der "Viecherei" stecken Menschen in Ganzkörperkostüme. - © Walter Mussil
Gerti Rindler-Schantl (links) und Devi Saha von der "Viecherei" stecken Menschen in Ganzkörperkostüme. - © Walter Mussil

Eine neonleuchtende Gelse, ein Wackeldackel im Versace-Hemd, ein Frechdachs mit Iro und Lederjacke und natürlich - ein gigantischer Germknödel. Was diese kuriosen Gestalten verbindet? Sie alle sind Kostüme in der Puls4-Show "The Masked Singer Austria". In dem Format verstecken sich Prominente in extravaganten Ganzkörperkostümen und allein ihre Singstimme ist der Ansatzpunkt, um ihre Identität zu entlarven. Die österreichischen "Tarnanzüge" stammen aus der Werkstatt der "Die Viecherei" und dahinter wiederum stecken die Kostümbildnerinnen Devi Saha und Gerti Rindler-Schantl. Die zwei hatten vor dem Auftrag von der Show, die ihren Ursprung in Korea nahm und in den USA und Deutschland erfolgreich läuft, noch nie gehört: "Wir haben beide schon seit ewigen Zeiten keinen Fernseher mehr", sagen sie. Das ließ die Künstlerinnen aber umso freier an ihre eigenen Kreationen herangehen - dabei half auch der Privatsender, der einen Österreichbezug wollte. In der ersten Staffel im Vorjahr gab es daher etwa einen Lipizzaner oder einen Falken (Falco!) und in der neuen eine Weintraube und eine Donaunymphe.

Die Weintraube. - © Walter Mussil
Die Weintraube. - © Walter Mussil

Einfach den Mund halten

Dass das Rateteam oft über das Kostüm Indizien sucht, die auf den "Insassen" hinweisen könnten, ist eigentlich vergebliche Liebesmüh, denn die Kostümbildnerinnen liefern ihre Ideen, noch ohne die Kandidatenauswahl zu kennen. Später freilich gehören sie zu dem kleinen Kreis, der weiß, wer sich hinter welcher Figur verbirgt. Das geheim zu halten, fällt ihnen gar nicht schwer: "Nein, man hält einfach den Mund", sagt Rindler-Schantl trocken.

Die Donaunymphe. - © Walter Mussil
Die Donaunymphe. - © Walter Mussil

Auf einiges muss man achten, wenn man solche Ganzkörperkostüme gestaltet, die auch bühnentauglich sein sollen. Die Sänger müssen sich bewegen, tanzen können, es sei auch eine Herausforderung, "dass es einerseits so aussehen soll, als würde kein Mensch da drunter sein, und andererseits muss der noch irgendwie raussehen können", erklärt Devi Saha. Natürlich muss die Maske auch so abgeschlossen sein, dass die Identität geschützt bleibt - auch wenn Kameramänner ganz nahe kommen. Und auf manches kommt man auch erst später drauf: "Während der ersten Staffel haben wir viel gelernt. Jetzt haben alle Mikrofon-Headsets, keine Handmikros mehr. Das ist für die Tontechniker einfacher." Das Thema Ton ist das Wichtigste, auch hier experimentieren Saha und Rindler-Schantl immer wieder. "Schallharte Materialien funktionieren nicht, auch wenn man viele Löcher macht, wir haben es bei der Weintraube mit einer Plastikschale versucht, weil das so einen schönen transluzenten Effekt gehabt hätte, aber es hat viel zu viel gehallt." Und auch während einer Staffel kann es zu Änderungen kommen: Der Germknödel bekam in der zweiten Folge plötzlich einen tanzenden "Assistenten", der ihn auf der Bühne geschoben hat. "Der Bühnenmeister war unentspannt, er hatte Angst, dass der Knödel von der Bühne fällt, weil es keine Bühnenbegrenzung gibt und man in dem runden Kostüm auch nicht so gut den Boden sieht", sagt Rindler-Schantl. Solche Adaptionen bringen eine neue Dynamik in die Raterei: "Plötzlich sind die Leute dann auf die Idee gekommen, da könnte jemand im Rollstuhl drin stecken", sagt Saha und setzt verschwörerisch hinzu: "Alles ist möglich."

Ohne Bandscheibenvorfall

Jedenfalls müssen die österreichischen Kandidaten weit weniger Kilos schleppen als die deutschen. Dort kann eine Verkleidung schon einmal 25 Kilo schwer sein, die "Viecherei" begnügt sich mit drei Kilo: "Wir arbeiten ja beide schon lange fürs Theater und da sind wir gewohnt, dass Schauspieler eine Zeitlang auf der Bühne agieren müssen, ohne einen Bandscheibenvorfall zu bekommen. Der haut mir das um die Ohren, wenn das so schwer ist", sagt Rindler-Schantl.

Sie ist seit 30 Jahren an Bühnen im deutschsprachigen Raum sowie in Kroatien und Slowenien tätig, Saha seit 25 Jahren etwa im Burgtheater oder Schauspielhaus Graz, sie lehrt außerdem Modisterei in der Modeschule Hetzendorf. In der aktuellen Corona-Situation hatten die beiden das rare Glück, "den ganzen Winter an den Masken arbeiten zu können, während andere Kollegen zuhause gesessen sind und gewartet haben, dass wieder irgendetwas aufsperrt", sagt Rindler-Schantl. "Ein Jahr an Aufträgen ist eigentlich verloren gegangen: Was letztes Jahr geplant war, wird heuer erst verwirklicht, was heuer wäre, ist noch nicht projektiert." Kostüme könnten zwar vorproduziert werden, aber Theater können auch nur eine bestimmte Anzahl an vorproduzierten Projekten auf Eis legen, erklärt Saha. Beide sind durch die neue Teststrategie hoffnungsfroh, dass es zu einer Öffnung kommen kann: "Die Menschen brauchen das jetzt auch wieder, Kultur zu erleben, nicht nur vor dem Bildschirm."

Keine glatten Oberflächen

Das Spektrum der "Viecherei" ist abseits der "Masked Singer" auch ein breites: Aus ihrer Schmiede stammen sowohl der Hofer-Bär mit der Matrosenmütze aus der Diskonterwerbung als auch übergroße Köpfe für das Kindertheater "Der Wind in den Weiden" im Kasino am Schwarzenbergplatz. "Glatte Oberflächen liegen uns nicht", sagen die beiden. Und erklären sich so auch so manchen deutschen Medienbericht, der die österreichischen "Masked-Singer"-Kostüme gruslig-morbid fand und die "Donaunymphe" gar als Wasserleiche identifizierte. "Das ist unser Bildungsauftrag", sagt Rindler-Schantl und lacht: "Wir finden wichtig, dass man Sehgewohnheiten auch einmal einen Stups gibt, es ist doch schön, wenn es auch einmal etwas Irritierendes gibt. Und etwas Subversives muss bei uns auch immer dabei sein."