Wien. Noch ist der Gesetzesentwurf, der das Ende der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung nach sich zieht, nicht im Nationalrat eingebracht. Geht es nach der "Association of European Journalists" (AEJ) sowie von Reporter ohne Grenzen (ROG), soll das auch so bleiben. Beide appellieren in einem gemeinsamen Brief an die österreichischen Nationalratsabgeordneten, dem Entwurf die Zustimmung zu versagen.
ROG-Österreich-Präsident Fritz Hausjell und AEJ-Generalsekretär Edward Steen sowie Ehrenpräsident Otmar Lahodynsky sehen in der "Wiener Zeitung" in mehrfacher Hinsicht ein österreichisches Kulturgut: Gegründet 1703, ist sie die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. 1857 wurde sie verstaatlicht - eine Konstruktion, welche die Monarchie überdauert hat. "Doch die Bundesregierung plant, die ,Wiener Zeitung als Tageszeitung sowie ihre tagesaktuelle Online-Berichterstattung einzustellen. Gleichzeitig erhalten Boulevardmedien weiterhin Millionen an Steuergeld durch die staatliche Medienförderung und über Inserate von Regierung und öffentlichen Unternehmen", so die Autoren.
"Gefährliche Konstruktion"
"Nach dem Gesetzesentwurf wird das Nachfolgeprodukt der ,WZ auf 7,5 Millionen Euro pro Jahr aus dem Bundesbudget heruntergefahren. Das hat eine massive Kündigungswelle, vor allem in der Redaktion der Wiener Zeitung zur Folge, die so praktisch zerschlagen würde, fürchten Experten. Der neue Media Hub, der Schulungen für JournalistInnen, PressesprecherInnen und PR-Leute anbieten soll, soll jedoch ein Jahresbudget von sechs Millionen Euro erhalten. Bestehende und zertifizierte Aus- und Weiterbildungsstätten werden dadurch an den Rand gedrängt", heißt es in dem Appell. Der Media Hub sei überdies "eine gefährliche Konstruktion". Das Bundeskanzleramt könnte über den Geschäftsführer direkten Einfluss auf die Lehrinhalte ausüben: "Ein in Demokratien höchst fragwürdiges Modell."
Sämtliche Experten lehnen daher den Gesetzesentwurf ab. Viele Kultur- und Medienschaffende, Vertreter aus Wirtschaft und Politik haben sich in einer Resolution für ein Moratorium von 18 Monaten eingesetzt. In dieser Zeit soll ein tragfähiges Konzept zur Weiterführung der Qualitätstageszeitung ausgearbeitet werden. Daher appellieren die Unterzeichner, "dem neuen Gesetz bei der Abstimmung nicht zuzustimmen und sich für eine Neufassung in Kooperation mit der Redaktion der ,WZ einzusetzen".