Besser spät als gar nicht, dürfte das Motto der dritten und letzten Staffel von "Picard" sein. Die Staffel startet am Freitag, hierzulande wie gewohnt auf Amazon prime. Denn in den ersten beiden Staffeln kamen zwar die Fans von Patrick Stewart als gealtertem und mittlerweile zum Admiral befördertem Sternenflottenoffizier in Ruhe Jean Luc Picard auf ihre Kosten. Doch die Mehrzahl seiner aus "Star Trek: Next Generation" (in den 1990er Jahren im TV) bekannten Crewmitglieder ließ man außen vor.
Damit ist jetzt Schluss. Nun setzt "Star Trek: Picard" auf Nostalgie pur: Neben "Nummer Eins" Will Riker (Jonathan Frakes, der auch bei zwei Folgen Regie führte) sind auch alle anderen bekannten Gesichter aus der 1990er-Serie "Das nächste Jahrhundert" wieder dabei. Für das Wiedersehen mit dem Klingonen Worf (Michael Dorn), der Ärztin Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) oder dem ehemaligen "Enterprise"-Chefingenieur Geordi La Forge (LeVar Burton) verzichtet man auf einige Charaktere, mit denen "Star Trek: Picard" seine Zuseherinnen und Zuseher bekanntmachte.
Statt sich auf Neues zu konzentrieren, wird man hier also ganz zum "Das nächste Jahrhundert"-Sequel. So ließ man Kapitän Chris Rios schon in Staffel zwei in der Vergangenheit zurück, während sich Laris (Orla Brady) am Anfang von Staffel drei verabschiedet, bevor Admiral Picard (der mittlerweile 82-jährige Stewart) zu seinem nächsten Abenteuer aufbricht. Ein Hilferuf führt Picard auf die Spuren seiner langjährigen Beinahefreundin Beverly Crusher, die er seit 20 Jahren nicht gesehen hat.
Da der einstigen "Enterprise"-Ärztin zufolge niemandem zu trauen sei, machen sich Picard und Riker, deren kameradschaftliche Chemie immer noch stimmt, unter einem Vorwand mit der "Titan", dem früheren Raumschiff des Letzteren, in Richtung Crusher auf. Dabei treffen sie unter anderem auf die frühere Borg-Drohne Seven of Nine (Jeri Ryan), die nach ihrem letzten Abenteuer mit Picard dort den Posten als Erste Offizierin übernommen hat. Ein Shuttle mit der Aufschrift "Saavik" - vielleicht im Gedenken an die im Dezember verstorbene Kirstie Alley, die den gleichnamigen Charakter in "Star Trek II: Der Zorn des Khan" verkörperte - bringt sie zum Schiff der mittlerweile ergrauten Ärztin.
Hat Picard einen Sohn?
Neben sie verfolgenden, mörderischen Aliens hat Crusher noch eine andere Überraschung für den Kindern bekanntlich abgeneigten Admiral in petto: einen Sohn Mitte zwanzig (Ed Speleers), dessen Ähnlichkeit mit einem jüngeren (und behaarteren) Picard zumindest Riker sofort ins Auge springt. Michelle Hurd fällt es als aus früheren Staffeln bekannter Sternenflottenveteranin Raffi indes schwer, einen zweiten und schwächeren Handlungsstrang alleine zu tragen, später steht ihr ein nun dem Pazifismus zugeneigter Worf auf der Suche nach Terroristen zur Seite. Familienangelegenheiten sind nicht das einzige Problem, mit dem die Crew der "Titan" konfrontiert wird, denn ein neuer alter Feind - dessen Gesicht eine herrlich hassenswerte Amanda Plummer ist - bedroht die gesamte Sternenflotte. Nur so viel sei vorweggenommen: Die dritte Staffel nimmt auch die in der genialen "Star Trek: Deep Space Nine" gesponnenen Story-Fäden wieder auf.
Nostalgie schafft auch eine Museumsszene, die Schiffe wie die "Voyager" oder James T. Kirks "Enterprise" mit nunmehr moderner Technik ins Bild holt. Das Auftauchen alter Gesichter kann erzwungen wirken. Zudem bieten die zehn neuen Folgen kein kuscheliges Wiedersehen, wohnt doch nun auch jeder der Figuren des weniger auf Dramatik setzenden "Das nächste Jahrhundert" eine gewisse Tragik inne. So lehnt La Forge Hilfe aus Angst um seine auf der "Titan" arbeitende Tochter zunächst ab, während Riker um seinen verstorbenen Sohn trauert. Dennoch oder gerade deshalb wird jedes Wiedersehen, bei dem man die nun älteren, aber immer noch kampfsicheren Bekannten kennenlernt, alten Fans Freude bereiten. Dass auch die Handlung sehenswert ist, bleibt ein Nebeneffekt.