Der Deal zur künftigen ORF-Finanzierung ist einfach: Die Regierung führt statt der ORF-GIS-Zahlung die Haushaltsabgabe ein, dafür muss die Belastung pro Haushalt deutlich sinken. So stellt sich Medienministerin Susanne Raab die künftige öffentliche Finanzierung des ORF vor und fixierte sie mit ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Ausgemacht mit dem Koalitionspartner von den Grünen ist das freilich noch nicht, die Grünen begrüßen jedoch die Haushaltsabgabe. Damit sind künftig mehrere hunderttausend Haushalte mehr gebührenpflichtig als jetzt. Bisher gab es die Möglichkeit, auf die Gebühr zu verzichten, wenn man nur Streamingdienste nutzt. Diese Möglichkeit hat das Höchstgericht 2022 bekanntlich verbaut, was eine Änderung bis Ende 2023 nötig macht. Nun müssen alle Haushalte zahlen, wie viel, ist offen.

Am Montag stellte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann nun den Plan zu den Einsparungen vor, die der ORF im Gegenzug tätigen will. Diese sind vom Stiftungsrat des Unternehmens zu beschließen. An vorderster Front wird es das Radio-Symphonieorchester (RSO) des ORF treffen. Im ORF-Gesetz ist dessen Fortbestand nur bis 2013 gesichert und damit seit einem Jahrzehnt ausgelaufen. Wiederholt stand es zur Disposition. ORF-Chef Weißmann bezeichnete das Orchester im August 2021 noch als Produzenten "zeitgenössischer Musik auf Weltniveau". Der jährliche Aufwand für den Klangkörper mit seinen an die hundert Mitarbeitern dürfte im hohen einstelligen Millionenbereich liegen.

Abgabe wohl vier Euro pro Monat billiger

ORF Sport+ ist ebenso im Visier, da laut Gesetz nur "nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit" zu betreiben. Auf dem Spartensender bekommen Sportarten Sendezeit, denen in der Berichterstattung üblicherweise sonst kein breiter Raum zukommt. Premium-Sport darf dort nicht ausgestrahlt werden. Die Aufwendungen dürften sich pro Jahr im hohen einstelligen Millionenbereich befinden. Auf dem Sparprogramm steht auch die Einstellung der Streamingportale Flimmit (österr. Film) und Fidelio (klassische Musik). Beide haben sich schwach entwickelt und bringen Verluste. Deren Inhalte werden wohl in den neuen ORF-Player wandern, der mit der Novelle des ORF-gesetzes ermöglicht wird.

Derzeit nimmt der ORF 676 Millionen Euro im Jahr aus der GIS ein. Rund 218 Millionen kommen aus Werbung und 131 Millionen aus sonstigen Erlösen. Künftig werden es deutlich mehr an Gebühren sein, allerdings spürbar weniger pro zahlenden Haushalt. Bisher gehen von den Gebühren 18,59 Euro pro Monat als Programmentgelt an den ORF. Dieser Betrag dürfte wohl auf etwa 16 Euro fallen. Sollte erwartungsgemäß auch noch die Umsatzsteuer von 1,86 Euro wegfallen (ein Gerichtsverfahren dazu läuft), könnte es um etwas mehr als 4 Euro pro Monat billiger werden. Erhalten bleiben wohl die Länderaufschläge, die von Bundesland zu Bundesland variieren (von 0 Euro in Oberösterreich und Vorarlberg bis zu 6,20 Euro in der Steiermark). Möglich ist auch, dass der Bund auf Teile der miteingehobenen Bundesabgabe von 2 Euro verzichtet. So könnte die damit finanzierte Kunstförderung künftig aus dem Budget erfolgen.

GIS wird "deutlich redimensioniert"

Einen großen Brocken Geld spart sich die Umstellung sozusagen von selbst ein, und zwar bei der ORF-Tochter GIS, die für das Eintreiben der Gebühren zuständig ist. Wenn alle Haushalte zahlen müssen, braucht es keine Kontrollen mehr. Die GIS hat derzeit etwa 350 Mitarbeiter. Das ORF-Tochterunternehmen werde es in der gegenwärtigen Größe nicht mehr geben, so Weißmann. Sie werde "deutlich redimensioniert"

Bei der Schuld für die Einsparungen legt die Regierung die Hände in den Schoß: Wo der ORF spare, sei dessen Sache, so Raab. Auch stellte sie mehr gesetzliche Möglichkeiten für den ORF im digitalen Raum in Aussicht. Der ORF betonte stets, dass bereits in den vergangenen Jahren ein strikter Sparkurs gefahren worden sei und die künftige Finanzierung nachhaltig sein müsse, um den öffentlich-rechtlichen Auftrag weiterhin erfüllen zu können.

Dass die Grünen dem Paket zustimmen könnten, ist anzunehmen. Die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger begrüßte auf Anfrage der "Wiener Zeitung" das Einschwenken der ÖVP auf die Haushaltsabgabe, eine Forderung der Grünen. Sie verwies auf Verhandlungen mit der ÖVP "in den nächsten Wochen".

Stiftungsräte zufrieden: "Meilenstein"

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat und Vorsitzender des Finanzausschusses, sagte, der ORF habe sich finanziell auf einer "gefährlichen Abwärtsspirale" befunden. Mit einer Haushaltsabgabe könne man auch künftig den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen. Ohne diese wäre es wohl nicht mehr möglich gewesen, so Zach, der von einem "wichtigen Meilenstein" sprach. Er zeigte sich erfreut, dass die Wahl auf eine Haushaltsabgabe und nicht eine Finanzierung aus dem Bundesbudget gefallen sei, biete diese doch "größtmögliche Unabhängigkeit von der Politik".

"Ich hoffe sehr, dass die Politik in den kommenden Wochen eine nachhaltige Finanzierung des ORF sicherstellt und die rechtlichen Rahmenbedingungen so modernisiert, dass der ORF in der digitalen Welt von morgen das jüngere Publikum mit seinen öffentlich-rechtlichen Inhalten erreicht", sagte Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl. Ziel sei es, auch in Zukunft das beste öffentlich-rechtliche Programm für das Publikum anzubieten.

Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im Stiftungsrat, meinte, dass aus seiner Sicht noch nichts fixiert sei. Man werde der ORF-Geschäftsführung für die Sparmaßnahmen keine "Carte blanche" ausstellen.