Die Empörung war erwartungsgemäß heftig. Nachdem ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Montag die von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) geforderte Sparliste für sein Haus vorlegte und damit so nebenbei auch die Zukunft des Radio-Symphonieorchesters (RSO) in Frage stellte, war der Aufschrei einhellig. Eine Institution wie das RSO könne nicht auf dem Altar der erzwungenen Sparpläne geopfert werden, so der allgemeine Tenor.
Allen voran beim Koalitionspartner gab man sich entsetzt: Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer fand deutliche Worte: "Es kann und darf nicht sein, dass dieser wunderbare Klangkörper Sparzwängen zum Opfer fällt." Sie werde sich auf Regierungsebene entsprechend in den kommenden Wochen einsetzen. "Für mich ist klar: Es muss eine Lösung für den Fortbestand des RSO geben", stellte Mayer klar und verwies dabei auch auf den kulturellen Auftrag des ORF, der bei allen Sparplänen nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Schließlich sei das RSO ein Orchester von Weltrang.
Auch die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger streute dem RSO Rosen: "Es hat ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im Bereich der zeitgenössischen Musik und ist nicht wegzudenken für den Erhalt des lebendigen Musiklebens in Österreich." Das Orchester sei unersetzbar für den heimischen Kulturstandort: "Das Radio-Symphonieorchester muss erhalten bleiben – wir Grüne sehen es als gemeinsame Aufgabe der Kulturnation Österreich, eine Lösung zu finden, die den Erhalt des Orchesters sicherstellt." Immerhin wird es für die Zustimmung zum neuen ORF-Gesetz auch die Stimmen der Grünen brauchen. Die ÖVP kann sich womöglich auch in diesem Fall auf harte Verhandlungen gefasst machen.
Gegenüber dem "Standard" stimmte auch ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer ein. Sie hielt fest, dass "dieser wunderbare und wichtige Klangkörper natürlich Bestand haben muss". Sie könne sich "nur wundern" über die Idee, das RSO einsparen zu wollen. "Wo bleibt der Kulturauftrag des ORF, wenn man gerade hier sparen will?" Dass das RSO bereits zum wiederholten Mal infrage gestellt wird, finde sie betrüblich. Jedenfalls sei das aus ihrer Sicht keine ÖVP-Idee, sie kenne niemanden in der Partei, der diese Einsparung mittragen wolle, und werde sich sehr für eine tragfähige Lösung einsetzen.
"Kultureller Kahlschlag"
Einen innerkoalitionären Streit ortete indes SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek: "Das ist ein Regierungsstreit auf dem Rücken der Künstlerinnen, der dem RSO als Kulturinstitution auch massiv schadet." Es sei aber inakzeptabel, dass die aktuelle Diskussion um die ORF-Finanzierung zu einem kulturellen Kahlschlag führe. Stattdessen solle das RSO im ORF-Gesetz verankert werden.
Vor einem kulturellen Suizid warnte Bernhard Günther, Chef des Neue-Musik-Festivals Wien Modern: "Die Abschaffung des RSO Wien, ausgerechnet auf medial aufgebauten Druck der Bundesregierung, käme einem politischen Selbstmord des Kulturlandes Österreich gleich." Das RSO gehöre zu den zentralen Säulen des österreichischen Kulturlebens und damit nicht zuletzt des ORF: "Das RSO Wien ist eines der wesentlichen Argumente für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich." Er forderte die Bundesregierung zur Kehrtwende auf: "Der von der Regierung wohl nicht beabsichtigte Eindruck, ausgerechnet eine konservative Partei ließe sich vom Populismus so durchs Dorf treiben, sollte schnellstens korrigiert werden."
Zu harten Worten griff auch Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek gegenüber "News": "Das wäre wirklich eine Kulturschande für eine Nation, die sich auf Kultur beruft, als wäre ihr zweiter Vorname: Kulturnation!" Das Motto der Politik sei hier eindeutig: "Ausradieren die blöden Instrumente. Wir wissen besser, welche Instrumente wir brauchen, das ist ihr Leitspruch. Unsere Instrumente stimmen! Und was stimmt, entscheiden wir. Wir haben das Instrument der Korruption, das Instrument der Vetternwirtschaft (da gibt es keine weibliche Form), das Instrument der fetten Sparprogramme und das Instrument des Schlaucherltums und noch ein paar andre mißtönende Geräte, aus denen nie was rauskommt."
Bereits am Montag hatte die IG Freie Theaterarbeit auf die herausragende Rolle des RSO nicht zuletzt als Auftraggeber für Komponistinnen und Komponisten verwiesen: "Diese Leistung erbringt kein anderes Orchester in Österreich auch nur annähernd. Das RSO ist außerdem das einzige Berufsorchester Österreichs mit einer Chefdirigentin!" (apa)