- Majestät lesen schon wieder in dem unseligen Blatt, statt Harfe zu schlagen?

- Harfe ist langweilig, Metternich. Wir lesen lieber im Feuilleton der "Wiener Zeitung".

- Ich verstehe, Majestät, es ist ja unter Eurer Herrschaft gegründet worden.

- Anno 1703. Gewiss. Im Volksmund heißen wir Türken-Poldl. "Wiener Zeitung"-Leo zögen wir vor. Das hat Bedeutung. Hat er geahnt, Metternich, welche Heimlichkeiten sich hinter einer Coca-Cola-Flasche verbergen? Hat er gewusst, dass Zoologen nach Tieren forschen, die es nur in ihrer Fantasie gibt?

- Flausen, Eure Majestät.

- Er ist ein grämlicher Mann, Metternich, wir sind fürwahr froh, dass wir mit ihm zu Lebzeiten nichts zu schaffen hatten. Was grinst er so, wenn wir ihn "grämlich" heißen?

- Nichts, Majestät. Ich finde nur Cola-Flaschen . . .

- . . . und Tütüs und große Haifische und dergleichen . . .

- Eben, Majestät. Solch Firlefanz ist verachtenswert wie alles, was eitel ist. Euer fünfter Nachfolger Joseph hat sogar die Pfeffernüsse verboten.

- Wir haben dergleichen gelesen im Feuilleton der "Wiener Zeitung". Hat er nicht gemerkt, Metternich, was die Intention solchen Firlefanzes ist, wie er es nennt?

- Spaß machen, naturgemäß.

- "Naturgemäß"? Wie umständlich er sich ausdrückt. Mit wem ist er da zusammengesessen? Versteht er nicht, dass Plaisir zu machen, ein hohes Gut ist? Doch hier, in diesem fürtrefflichen Feuilleton geschieht mehr: Aufklärung ist es, Metternich. All die Absonderlichkeiten, all die verrückten Jubiläen, Marotten und Gedankenspiele sind ein Spiegel. Wer zu lesen weiß, schaut hinein, fühlt sich ergötzt und erfährt obendrein etwas, worüber er nachsinnt, wie es mit der Welt
beschaffen ist, mit der Gesellschaft und auch, wie er selbst zu solchen Dingen steht. Dieses Feuilleton ist gleichermaßen eine Wunderkammer. Viel Schönes, Erheiterndes und Lehrreiches befindet sich darin. Das ist quasi ein Abbild der Welt in all ihren Curiosa und Herrlichkeiten. Graue Berichte schreiben andere, Du, glückliches "Wiener Zeitung"-Feuilleton, leuchte. Es ist uns eine Freude, dass unter unserer Herrschaft Solches entstanden ist und weiterbesteht. Es ist ein Stück dieser Nation, versteht er, Metternich? Was grinst er so?

- Ach, nichts.

- Weiß er, dass manch einer jetzt noch, da es unten anno 2023 ist, meint, die Erde sei flach? Wir haben den Artikel dem Johannes gezeigt, er weiß, dem Kepler. Der lacht jetzt noch und sagt, hätte es zu seinen Lebzeiten solch ein weises Blatt gegeben, hätte er es leichter gehabt. Übrigens meint auch Master William, wir meinen den englischen Schauspieler, er erheitere sich immens, wenn ihm einer in diesem Feuilleton die Autorenschaft an "Hamlet" und "Macbeth" andichtet.

- Umgekehrt sagt Herr Marlowe, er sei’s nicht gewesen, der dergleichen Mumpitz geschrieben habe. Wer also war’s?

- Wir sind gewiss, es demnächst im Feuilleton der "Wiener Zeitung" zu erfahren. Wir freuen uns schon jetzt darauf. Was grinst er da so abgefeimt, Metternich?

- Nun, Majestät, es ist so: Ihr werdet’s nicht lesen und auch sonst niemand. Denn das Feuilleton der "Wiener Zeitung" wird’s nimmer lang auf solche Art geben.

- Ach weh, dergleichen hat uns auch Karl (er kennt den Renner, der das Blatt nach der üblen Zeit auferstehen hat machen?) gesagt. Darüber freut er sich, Metternich?

- Unbändig!

- Wir verstehen, Metternich. Von Freude, Selbsterforschung, eigenständigem Denken und Aufklärung hat er ja nie viel gehalten.