Haben sie keine Angst. Lassen sie sich auf etwas Neues ein und spielen sie mit der Künstlichen Intelligenz (KI) herum. Nutzen sie ihre Kreativität für Neues. Und dann widmen sie sich wieder ihrem Alltag und schauen, welche sinnvollen Anwendungen in nächster Zeit erscheinen werden und wie sie davon profitieren können. KI wird gewaltige Auswirkungen auf viele Bereiche des Lebens haben, das ist mittlerweile wohl recht eindeutig. Es gibt eine Reihe von Problemen und Herausforderungen in diesem Bereich - auch das ist bereits überdeutlich zu erkennen. Doch wird sich die Entwicklung nicht stoppen lassen. Was können wir also tun? Wo macht KI Sinn, wo ist sie schon drin und wo geht die Reise überhaupt hin?
Der Massenansturm
"Durch ChatGPT und Co. ist es das erste Mal, dass die Bevölkerung KI für sich entdeckt, und erstmals ist ein so hohes Interesse an einer Massenanwendung ausgebrochen", sagt Andreas Hladky, Partner und Digital Consulting Leader bei PwC Österreich. "Keine andere technologische Anwendung, die innerhalb so kurzer Zeit so viele Anwenderinnen hatte, wie ChatGPT. Dabei ist es an sich nichts Neues, Algorithmen gab es schon davor, aber die enormen Rechenleistungen, die nun verfügbar sind, gab es davor nicht. Wir treten in eine neue Phase ein, in der das Web 3.0 das ermöglicht, was man sich vom Web 2.0 erwartet hat", so Hladky. Die disruptive Kraft der neuen Tools steht außer Frage, doch entscheidet der Mensch, in welche Richtung es in Zukunft gehen wird. "Gerade in Europa muss man daran arbeiten, dass die Angst vor KI zurückgeht, denn derzeit überlassen wir es den Amerikanern und Chinesen, wie die Zukunft aussehen wird. KI wird uns sehr viel lästige Arbeit abnehmen und die Menschheit muss sich überlegen, wie wir sie nutzen wollen, wie die Besoldungsmodelle der Zukunft aussehen werden und wie wir Arbeiten und leben wollen."

Künstliche Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, dass sie auf Grundlage umfangreicher Daten zu agieren oder reagieren lernt. Generative KI nutzt dies zur Erstellung neuer Inhalte. So kann sie zum Beispiel anhand weniger Stichworte Texte oder Bilder erstellen. Die bekannteste Generative KI ist der Chatbot ChatGPT, der basiert auf einem sogenannten generativen vortrainierten ("Generative Pre-Trained", GPT) Sprachmodell. Dabei wurden zahlreiche Texte von Menschen zum Beispiel anhand der darin zum Ausdruck kommenden Stimmung katalogisiert. Auf dieser Datenbasis soll die Software dann menschliche Interaktion simulieren. Die jüngste Version dieses Modells - GPT-4 - ist "multimodal". Sie kann neben Texten auch Bilder erstellen - und zwar aus Text oder Bildern.

Einige Firmen setzen Generative KI bereits ein. So hat Microsoft ChatGPT in seine Internet-Suchmaschine "Bing AI" eingebaut und mit "Copilot" für "Office", ein Tool, das unter anderem Entwürfe für personalisierte E-Mails oder für Präsentationen erstellt. Generative KI kann zudem Videokonferenzen schriftlich zusammenfassen. Beim Online-Autohändler CarMax destilliert die Software aus tausenden Kundenbewertungen von Fahrzeugen eine Kaufempfehlung. Mithilfe einer in Graz entwickelten Handy-App können verdächtige Hautstellen und Muttermale gescannt und das Risiko für Hautkrebs eingeschätzt werden - mit 95-prozentiger Treffsicherheit, wie die Medizinische Universität Graz mitteiltet. Generell wird sich gerade der Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens durch Diagnosemodelle massiv verändern.
Nachteile als Chance begreifen

Google hat den Zugang zu seinem KI-Chatbot "Bard" für eine begrenzte Öffentlichkeit in den USA und Großbritannien geöffnet. Der chinesische Google-Rivale Baidu schickte - mit mäßigem Erfolg - "Ernie" ins Rennen. Salesforce erweitert ChatGPT mit eigenen Komponenten zu "EinsteinGPT", die in den Videokonferenz-Dienst "Slack" eingebaut wird. Und Adobe hat mit Firefly eine KI im Einsatz, die das Geschäftsmodell des Konzerns massiv umgestalten soll. Womit wir auch schon bei den Kehrseiten wären, die vielleicht aber gar keine sind. Der Aufschrei war groß, als Schüler und Studenten die Software nutzten, um sich Hausaufgaben erstellen zu lassen. Da KI die Aufsätze nicht aus kopierten Textbausteinen zusammensetzt, lässt sich mit üblicher Plagiatssoftware der Einsatz dieser Technologie kaum nachweisen. Nun denn, so soll es sein. Kluge junge Menschen, kann man da eigentlich nur sagen. Denn es zeigt etwas ganz anderes auf: Die Jugend kann sich alleine sehr gut digitales Wissen vermitteln und das Schulsystem bedarf der Änderung, oder wie es Andreas Hladky sagt: "Der Mensch muss kreativer werden." Es geht nicht darum, gegen die Tools zu arbeiten, sondern mit ihnen und so neue Lösungen zu finden. Außerdem erfinden die aktuellen KI-Tools Dinge, sie irren sich, sie "lügen". Alle Ergebnisse müssen daher manuell kontrolliert und nachrecherchiert werden.
Vor ein paar Jahren hieß es, alle sollten Programmieren lernen. Nun heißt es, dass die Leute "prompten" - also KI-Tools "programmieren" können sollen. Es zeigt sich, was damals schon falsch war, ist jetzt auch nicht richtiger. Man sollte verstehen, was die Technologie ermöglicht, und es sollen Kompetenzen im Umgang entwickelt und gelehrt werden, aber nicht jeder muss KI-Spezialist werden. Experten rechnen ohnehin damit, dass spätestens 2035 die technologische Singularität - der Zeitpunkt, an dem künstliche Intelligenz die menschliche übertrifft und sich dadurch rasant selbst verbessern kann, erreicht ist. Dann sind die Prompter als Beruf schon wieder ausgestorben.
Es wird andere Jobs geben. Zudem die Herausforderung digitale Inhalte eindeutig zuordenbar zu machen, um so etwa neue Verrechnungsmodelle im Urheberrecht zu schaffen. Und was es definitiv sehr bald geben muss, ist das Recht an der eigenen digitalen Identität. Nur wenn man als Anwender auch diesen Bereich endlich kontrollieren kann, werden die aktuellen und kommenden Herausforderungen zu lösen sein.