Die SPÖ appelliert vor dem heutigen Verfassungsausschuss einmal mehr an die Regierungsfraktionen, das Aus für die "Wiener Zeitung" abzublasen und sich die Zeit für die Prüfung von Alternativkonzepten zu nehmen.

In einer Aussendung heißt es: "Die Wiener Zeitung wird im August 320 Jahre alt. Die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt abzudrehen, ist eine kulturpolitische Schande für eine Kulturnation wie Österreich. Es braucht mehr Qualitätsjournalismus und größere Medienvielfalt, nicht weniger", so SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried, der zusammen mit SPÖ-Abgeordneter und Bereichssprecherin für Erinnerungskultur Sabine Schatz dazu auch einen Antrag im heutigen Verfassungsausschuss einbringt. Der Appell der SPÖ: Die Regierung soll ihr "Aus für Wiener Zeitung"-Gesetz zurückziehen. Und dann Zurück an den Start, um ein neues Konzept zum Erhalt der "Wiener Zeitung" zu entwickeln, so Leichtfried und Schatz.

Eine weitere Forderung der SPÖ ist eine bessere Dotierung des Presserates. "Die Aufgaben des Presserates weiten sich durch Hereinnahme von Online-Medien aus. Schon bisher war der Presserat deutlich unterdotiert. Seit 2010 blieb die Förderung trotz Inflation gleich. Die jetzt vorgesehene Erhöhung um 37.000 Euro ist angesichts der starken Inflation, gestiegener Personalkosten und vor allem durch das viel größere Aufgabengebiet eine eklatante Unterfinanzierung. Der Presserat kann so nicht mehr wirksam agieren. Wir fordern eine ordentliche finanzielle Absicherung mit einer jährlichen Förderung von 300.000 Euro", so Leichtfried.

Beim Medientransparenzgesetz, das ebenfalls heute auf der Tagesordnung im Verfassungsausschuss steht, sieht Leichtfried einige positive Aspekte, die zu mehr Transparenz führen werden. Zusätzlich möchte die SPÖ noch erreichen, dass demokratiefeindliche, verhetzende Medien von Inseraten von Ministerien ausgeschlossen bleiben und außerdem die Transparenz bei der budgetären Planung entgeltlicher Einschaltung noch weiter gestärkt wird.

Heftige Kritik und Unverständnis

Es regnet derzeit heftige Kritik und Unverständnis am Vorgehen der Regierung. Das Medienpaket wird von allen Seiten als unzureichend und falsch eingeschätzt. Auch Falter-Heruasgeber Armin Thurnher findet scharfe Worte ("Die Kulturschande. Zur geplanten Einstellung der Wiener Zeitung.")

Ein Einlenken der Abgeordneten und einen Stopp für  den Gesetzesentwurf gibt es auch aus Europa. In einem Statment der EFJ (EFJ calls on MPs to reject bill ending print edition of Wiener Zeitung)  werden die heimischen Parlamentarier aufgefordert, diesem Gesetz nicht zuzustimmen.

"Medienabschaffungspaket der Regierung"

Auch Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren, nimmt in einem offenen Brief unter dem Titel "Das Medienabschaffungspaket der Regierung" Stellung zu den Plänen der Regierung. Hier im Wortlaut: "Zwischen medienpolitischem Desaster und medienpolitischem Gebastel: Heute wird das Medienpaket der Regierung im Verfassungsausschuss beschlossen. Darin enthalten ist auch die Abschaffung der gedruckten Ausgabe der Wiener Zeitung.

Mit diesem Beschluss zur Abschaffung der Wiener Zeitung im heutigen parlamentarischen Verfassungsausschuss wird nicht allein das Ende der Wiener Zeitung beschlossen. Die Regierung gibt damit die Richtung vor, in die ihre Medienpolitik geht. Für sie sind Medien ein Auslaufmodell. Sie hat – Inserat-Vergabetransparenz und Qualitätsjournalismus-Förderung hin oder her – über ihren PR-Bedarf hinaus keinerlei Interesse mehr an ihnen. Sie findet mit Plattformen, mit Beratungs- und Werbeagenturen und mit Kampagnen ihr Auslangen.

Was immer sie noch im Medienbereich der einen Seite in unklaren Funktionen für sie an Unterstützung zukommen lässt, die andere Seite mit anderen Funktionen für sie kann mit mehr rechnen. Sie hat mit dieser Politik auch schon bisher die wirtschaftlich Starken stärker und die wirtschaftlich Schwächeren schwächer gemacht, sie geht nun diesen Weg zu Ende, bis die mediale Vielzahl die mediale Vielfalt ersetzt hat. Mehr noch, sie hat durch ihre Förderpolitik die Entwicklung von sich als Medien ausgebenden Propagandaplattformen ermöglicht, die keine Werbungen mehr verkaufen, sondern sich selbst. Und das auch noch im Namen der Zukunft, des Wandels von gedruckt und analog zu digital.

In dieser Vorstellungswelt der Medienzukunft, wie sie jetzt der Wiener Zeitung verschrieben wird, hat die Wiener Zeitung in ihrem bisherigen Aussehen keinen Platz. Sie stört. Sie erinnert daran, welche bedeutende Rolle Zeitungen spielen können und welche sie bisher gespielt haben.

Die IG Autorinnen Autoren wird bei ihrem Auftritt beim Österreich-Schwerpunkt auf der in wenigen Tagen beginnenden Leipziger Buchmesse die Abschaffung der Wiener Zeitung zum Themenschwerpunkt machen, und sie setzt die Arbeit an ihrem "Wiener Zeitung Stammbuch" fort, welches das regierungspolitische Versagen gegenüber der Wiener Zeitung und ihre Bedeutung über ihr verfügtes Ende hinaus festhalten soll.

Es ist so bedauerlich wie wahr: Die Regierung lässt jeden Respekt im Umgang mit erhaltenswerten großen Kulturgütern und Kulturtraditionen vermissen, sie bastelt, wo sie gestaltet, medienpolitisch ein wenig an der Gegenwart herum und sieht die mediale Zukunft in PR-Leistungen, Plattformen und überlässt sie den sich selbst gestaltenden medialen Verhältnissen, mehr nicht. Gerhard Ruiss"

Aufforderung zum Stopp der Pläne

Ebenfalls heftige Kritik und eine Aufforderung zum Stopp der Pläne kommt in einem Brief der Inititiative Baukultur für Medienvielfalt. Hier im Original:

"Sehr geehrte Frau Klubobfrau Maurer, wir haben von Frau Mag. Blimlinger Antworten auf unsere Schreiben erhalten. Allerdings beschränken sich diese auf technisch-quantitative Aspekte und auf die Behauptung, dass der Erhalt der Wiener Zeitung nicht möglich sei. Das ist zu wenig, und lenkt von den wirklich wichtigen Punkten ab.

Daher möchten wir Ihnen nochmals die wichtigsten Argumente gegen die Einstellung der Wiener Zeitung als Tageszeitung nennen:

· Die Einstellung dieser Qualitätszeitung im Zuge dieser Medienreform ist ein Fehler, weil es in Österreich bereits jetzt zu wenige Qualitätszeitungen gibt.

· Es wurden von Ihrer Partei nicht glaubwürdig nach Alternativen für den Weiterbestand der Wiener Zeitung gesucht.

· Die geplante und mit sehr viel Steuergeld finanzierte Ausbildung von Journalisten im direkten Einflussbereich des Bundeskanzlers ist demokratiepolitisch ein schwerer Fehler. Alleine dieser Punkt müsste Ihnen als Grüne ausreichen, dieses Gesetz abzulehnen.

· Im Zuge der Inseratenaffäre wurde wieder deutlich, wie wichtig Zeitungen sind, die nach journalistischen Qualitätskriterien arbeiten. Inseratenkorruption ist bei der Wiener Zeitung nicht möglich.

Die Grünen, entstanden aus der kritischen Zivilgesellschaft, dürfen eine Jahrhunderte alte Qualitätszeitung nicht aufgeben! Eine beeindruckende Zahl engagierter Bürgerinnen und Bürger haben sich gegen das neue Mediengesetz ausgesprochen, es gibt keine Zustimmung dafür.

Sagen Sie als Grüne "Nein" zu dem Gesetzesvorschlag! Nutzen Sie ein 18-monatiges Moratorium, damit für die Wiener Zeitung eine tragfähige Konstruktion gefunden werden kann. Arbeiten Sie politisch-konstruktiv als "Architekt:innen", und nicht als "Abbruchunternehmer:innen"! Dieser Gesetzesvorschlag darf niemals Gesetz werden!

Mit freundlichen Grüßen, Jürgen Radatz für die Initiative Baukultur für Medienvielfalt". (red)