Es gibt ja diesen bekannten Spruch mit den Totgesagten. Und tatsächlich leben viele ebendieser wirklich noch. Auch Zeitungen werden noch weiter existieren und wieder in Mode kommen, keine Sorge. Zuerst muss es manchmal durch ein Tal der Tränen gehen - aber das ist eine andere Geschichte. Zurück zu den Zombies. Vor einiger Zeit hieß es ja, es kommt das papierlose Büro, wir werden all unsere Musiksammlungen, unsere Bibliotheken und unsere Fotoalben auf einer einzigen Festplatte abgespeichert haben und müssen uns nie wieder Sorgen um Stauraum und Kosten machen.
Vinyl lebt auf
Doch jetzt, Corona sei Dank und auch wegen des Wunsches nach haptischem Erleben, kommt es ganz anders als gedacht. Das Retro-Revival des Analogen schlägt mit voller Wucht zu. Egal, wohin man schaut, die Haptik und die Optik sind wieder etwas wert. Ganz ehrlich, wer hätte gedacht, dass es wieder einmal Kassetten geben wird. Der Langzeit-Witz in den Sozialen Netzwerken (gib einem Teenager einen Bleistift und eine Kassette und er wird nicht wissen, was er damit tun soll) scheint in seine Endphase zu kommen. Wer als Künstlerin etwas auf sich hält, bringt seine Musik auch auf Kassette heraus. Im Vorjahr gab es hierzulande einen Rekord für die Anzahl gestreamter Songs - 14,8 Milliarden Lieder wurden so im Vorjahr konsumiert. Damit sind auch in Österreich Dienste wie Spotify und Co für 80 Prozent des Umsatzes von sogenannter Recorded Music verantwortlich. Und wo an einem Ende der Skala die Zahlen hochschnellen, so auch beim Gegenteil: Die Verkäufe von Schallplatten stiegen ebenfalls an. Der Handel verzeichnete im Vorjahr ein Plus von 4,3 Prozent und einem Umsatz von 10,6 Millionen Euro. Das bedeutet einen Marktanteil von immerhin fast sechs Prozent. Und wer schon einmal versucht hat, im stationären Handel eine CD zu erwerben, wird schnell erkannt haben, dass es viel einfacher ist, ein Schallplattengeschäft zu entdecken. Im weltgrößten Musikmarkt USA sind im vergangenen Jahr erstmals seit 1987 wieder mehr Schallplatten als CDs verkauft worden. Die Compact Disc, die einst das Musikgeschäft dominierte, wird schon seit
Jahren erst von Downloads und inzwischen von Streaming zurückgedrängt. Die
Vinyl-Schallplatte sicherte sich unterdessen eine Nische im

Hi-Fi-Geschäft und legt zu. Musik besitzen und sich daran erfreuen, es kommt wieder.
"Record Store Day"
Diesen Samstag (22. April) ist zudem auch wieder der "Record Store Day", gegründet, um unabhängige Plattengeschäfte zu feiern. Flott muss man sein bei limitierter Ware von Rockgiganten wie Black Sabbath, aber auch von angesagten Popacts wie Taylor Swift. Mit "Nuggets" wird ein legendärer Sampler in einer Box neu aufbereitet. Heuer gibt es auch ein "Record Store Day"-Konzert: In diesem Rahmen soll
Lou Asril am Abend im Wiener Flex auftreten. Live-Unterhaltung gibt es zudem im Wiener Plattenladen Recordbag, wo untertags der schottische Musiker Stuart Neville sein neues Album "Seatbelts Save Lives" vorstellt. Auf der Veröffentlichungsliste des "Record Store Day" befindet sich eine Vielzahl an Produkten, etwa ein Live-Doppel-Album von Pearl Jam, ein Live-Album plus Flexi-Disc vom Black Rebel Motorcycle Club, die einzige Vinyl-Auflage der "Pond-Sessions" von Swift, Remixes von The Prodigy, lange
verloren geglaubte Aufnahmen von Charlie Parker
und aus Österreich zum Beispiel die Veröffentlichung von Drahdiwaberls "Die Tore statt Worte" auf LP.
Die Retro-Revival-Welle hört aber nicht bei der Musik auf. Gerade jetzt, wo jedermann eine leistungsfähige Smartphone-Kamera in seiner Hosentasche mitführt, erlebt ein Fotoapparat seine Wiederkehr. Das haptische Erleben eines Films und dessen Ausarbeitung - zugegeben es ist nicht mehr so einfach und billig, einem analogen Fotogenuss zu frönen, aber je schneller die Welt und je unkontrollierbarer, desto mehr scheinen Kreativität, Emotion und Erinnerungen eine Rolle zu spielen. Die Kunst der Fotografie beschäftigt die Menschheit schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Zeitalter der
Digitalisierung kommt seit einigen Jahren eine Nostalgie auf, die die Begeisterung an analoger Fotografie zurückbringt. Und ein weiterer Bote aus der Vergangenheit ist derzeit überall zu finden, die Sofortbild-Kameras.
Da der Mensch, ja auch ein spielendes Wesen ist, erlebten in der Pandemie Gesellschaftsspiele, Puzzles, aber auch Retro-Spielkonsolen eine Wiederentdeckung. So mancher Röhrenfernseher wurde aus dem Keller geholt und eine alte Spielkonsole wieder abgestaubt. Es gilt vieles wiederzuentdecken, auch Buch und Zeitung sind noch nicht verloren.