Der heuer zum 28. Mal verliehene Kurt-Vorhofer-Preis geht an die Redaktion der "Wiener Zeitung". Die von der Regierung verfügte Einstellung dieser ältesten noch bestehenden Tageszeitung der Welt sei ein nicht wieder gut zu machender Fehler und ein unwiederbringlicher Verlust für Österreich und seine Medienlandschaft, befand die Jury in ihrer Begründung.
Die Redaktion hat trotz widrigster Rahmenbedingungen strikt an qualitativ hohen Standards festgehalten und damit Mut, Unabhängigkeit sowie kritische Distanz bewiesen. Das galt nicht nur gegenüber den politischen Instanzen, die über das Schicksal des Blattes verfügten, sondern auch gegenüber den Entscheidungsträgern im eigenen Haus. Die Redaktion widerstand auch unter existenziellem Druck allen Versuchungen, durch angepasste Berichterstattung dem Fallbeil der Schließung zu entrinnen. Gefälligkeitsjournalismus war dieser Redaktion auch unter prekären Bedingungen immer wesensfremd. Damit bewies sie jenen Mut gegenüber Machthabern aller Art, der als eines der wesentlichen Kriterien zur Vergabe des Kurt-Vorhofer-Preises gefordert ist.
Die Jury des Kurt-Vorhofer-Preises setzt mit der diesjährigen Zuerkennung, die in dieser Form aus gegebenen Anlass erstmalig erfolgt, ein Zeichen gegen eine verfehlte Medienpolitik. Ein Merkmal dieses Politikverständnisses ist die Missachtung aller Argumente, Warnungen und Einwände, die in den vergangenen Monaten von der Zivilgesellschaft, aus der Wissenschaft und der demokratischen Öffentlichkeit vorgebracht worden sind.
Die Redaktion bot in diesen schwierigen Monaten hochwertigen Qualitätsjournalismus - und dies ungebrochen im doppelten Sinn des Wortes. Gerade in Zeiten von Fake News, enthemmter Polarisierung und populistischer Postingkultur bedeutet das Ende der gedruckten Tagesausgabe der "Wiener Zeitung" einen Verlust für den Qualitätsjournalismus und für die Demokratie.
Der Kurt-Vorhofer-Preis wird am 25. Mai vom Bundespräsidenten in der Hofburg verliehen. Der bedeutendste Printpreis des Landes wird jährlich von "Kleiner Zeitung", JournalistInnengewerkschaft und Verbund ausgelobt.
Der Jury 2023 gehörten an:
Ingrid Brodnig, Alexandra Föderl-Schmid, Renate Graber, Andreas Koller, Eva Linsinger, Hubert Patterer, Michael Strugl, Barbara Teiber, Paul Vécsei