Noch vor zwei Wochen hieß es per Anweisung, ORF-Mitarbeiter hätten sich auf den Sozialen Medien und in den Sendungen von Diskussionen über das ORF-Gesetz samt Haushaltsabgabe für alle fern zu halten. Doch nun entdeckt der ORF offenbar die Kraft der Argumente für die anstehende Gesetzesnovelle, die dem ORF eine sichere Finanzierung und zahlreiche Online-Wachstumsmöglichkeiten bringt.
Aus der ORF-Generaldirektion erhielten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fünf A4-Seiten voll mit Argumenten für das ORF-Gesetz und gegen die Kritik der heimischen Verlage an dem Gesetzeswerk. Die ORF-Führung bedauert in den Begeitschreiben "eine Reihe von Fehlinformationen und fragwürdigen Interpretationen". Diesen sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun offenbar mit Hilfe des "Argumentariums" in den Sozialen Medien zu Leibe rücken.

Aus dem "Argumentarium" des ORF.
"ORF weiter eng regelmentiert"
Darin wird etwa arguementiert, dass der ORF zwar "mit der Digitalnovelle in öffentlich-rechtlichen Kernbereichen mehr Spielraum erhält, um besser auf die Bedürfnisse des Publikums eingehen zu können", er aber "weiterhin sehr eng regelmentiert" bleibe. Zudem lägen die Werbeeinahmen des ORF nicht bei 300 Millionen Euro sondern "2021 bei 228 Mio. Euro und sind seit rund 20 Jahren rückläufig". "Auf dem kleinen österreichischen Medienmarkt ist der umfangreiche gesetzliche Auftrag des ORF allein aus Beiträgen nicht zu finanzieren."
Vorwürfen, wonach "Die Dominanz des ORF ausgebaut und die Marktverzerrung verstärkt" wird, entgegnet man: "Bedroht wird das duale Mediensystem nicht durch den ORF, sondern durch die Monopolstellungen von Google, Meta und Co, die die Erlösmodelle der klassischen Medien unterlaufen. So entfallen bereits mehr als 80 % des Online-Werbemarktes auf internationale Plattformen, auf den ORF nur 1%."
Hintergrund der Debatte ist eine rund um das derzeit in Begutachtung befindliche neue ORF-Gesetz entstandene Kontroverse zwischen den privaten Medien wie Verlagen und dem ORF. Erstere sehen in dem neuen Gesetz eine existenzielle Bedrohung des privaten Mediensektors.